Eine Liste von Antibiotika, die beim Meerschweinchen eingesetzt werden können, gibt es hier.
Infos und Tipps zu Antibiotika-Gaben beim Meerschweinchen
- Wie merkt man, dass ein Antibiotikum wirkt – und was, wenn nicht?
Antibiotika wirken - wenn die Krankheitserreger empfindlich für sie sind – bereits in wenigen Stunden. Meistens geht es den Meerschweinchen dann schon etwas besser. Spätestens nach 1-2 Tagen sollte eine deutliche Besserung zu merken sein. Hat sich nach 3 Tagen noch gar nichts verändert, sollte man definitiv darüber nachdenken, dass Antibiotikum zu wechseln - oder noch mehr Diagnostik betreiben, ob eventuell neben der Infektion noch ein anderes gesundheitliches Problem vorliegt (z.B. Tumor, Organproblem oder statt einer vermeintlichen Blasenentzündung ein Gebärmutterproblem).
Für ein komplettes Abklingen der Symptome braucht es manchmal mehr Zeit, als wenige Tage. Es kann bis zu mehreren Wochen Antibiotika-Gabe je nach Krankheit erfordern und man sollte ein Antibiotikum meist am besten erst absetzen, wenn das Meerschweinchen mindestens eine Woche ohne Krankheitssymptome war.
Es kann sein, dass ein Antibiotikum erst kurzzeitig zu einer Besserung führt, es dem Tier dann aber wieder schlechter geht. Eventuell hat das Antibiotikum dann nur gegen einen Teil der Erreger geholfen oder die Erreger nur im Wachstum gehemmt, aber nicht getötet, so dass die Infektion wieder hochkochen konnte. Es macht in solchen Fällen Sinn – sofern nicht noch eine andere Krankheit vorliegt, die zu diesen Problemen führt – noch ein anderes Antibiotikum zu geben.
Wirkt das erste gegebene Antibiotikum nicht, sollte man, falls möglich, ein Antibiogramm anfertigen lassen (dies läuft über den Tierarzt, der Proben in ein Labor schicken kann – man kann aber z.B. bei dem Labor Enterosan auch selbst Proben einreichen, dies kann aber teurer sein als beim Tierarzt). Dies geht nicht bei allen Erkrankungen, aber bei z.B. Ausfluss aus der Nase oder Blasenentzündungen. Während man auf die Ergebnisse des Antibiogramms wartet (dauert ca. 5-7 Tage in der Regel), sollte man bereits ein zweites Antibiotikum probieren.
Resistenzen können leider immer entstehen, wenn ein Antibiotikum verabreicht wird. Wirkt ein Antibiotikum nicht, kann man es jederzeit absetzen.
- Antibiogramme
Für ein Antibiogramm wird eine Probe (z.B. Urin oder ein Abstrich einer Wunde) in ein Labor geschickt und auf einen Nährboden gegeben. Dort wachsen die enthaltenen Bakterien (sofern welche in der Probe vorhanden sind) und können bestimmt werden. Es werden in den Bakterien-Rasen (Fläche, die mit Bakterien bewachsen ist) kleine Plättchen mit verschiedenen Antibiotika gelegt. Wirken diese Antibiotika gegen die Bakterien, bildet sich ein „Hemmhof“ um die Plättchen – also ein Bereich, in dem keine Bakterien mehr wachsen. So können wirksame Antibiotika für die entsprechenden Bakterien bestimmt werden.
Ähnlich läuft es bei einem Antimykogramm, welches Pilze untersucht.
Man kann auch aus solchen Proben Aromatogramme anfertigen lassen – dabei wird untersucht, welche ätherischen Öle gegen die Bakterien oder Pilze wirken. Das Labor Enterosan bietet so etwas an. Ein Aromatogramm ist z.B. bei Hautwunden eine tolle Möglichkeit, man kann dann die gegen die Infektion passenden ätherischen Öle verdünnt in Öl oder Wasser auf die Wunde auftragen.
Antibiogramme können helfen, die passenden Antibiotika zu finden, aber sie sich nicht 100% zuverlässig. Es kann sein, in den biologischen Proben waren gar nicht alle Krankheitserreger zu finden (manche Bakterien bei Harnwegsinfektionen z.B. verbleiben eventuell einfach in der Blasenschleimhaut und werden nicht mit dem Urin ausgeschieden). Ebenfalls können Antibiotika im Zusammenspiel mit den Enzymen im Körper und in Geweben ganz anders wirken, als auf so einem Nährboden im Labor. Daher ist im Zweifel, wenn die laut einem Antibiogramm als wirksam angegebenen Antibiotika nicht wirken, durchaus auch ein laut Antibiogramm nicht so gut oder unwirksames Antibiotikum auszuprobieren.
Wir haben tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass auch das eigene Bauchgefühl Hinweise auf das passende Antibiotikum geben kann. Manchmal ist man einfach vom Gefühl her überzeugt, dass es ein bestimmtes Antibiotikum sein muss und genau das hat sich dann auch in der Regel hier als wirksam herausgestellt.
Für Antibiogramme muss man nicht warten nach der Gabe des ersten Antibiotikums. Entweder wirkt es – dann sind keine Bakterien mehr nachweisbar. Oder es wirkt nicht, dann kann man bestimmen, welches Antibiotikum gegen die Bakterien wirkt.
Urinproben für ein Antibiogramm müssen unserer Erfahrung nach nicht per Punktion aus der Blase gewonnen werden. Es reicht, die Blase beim Tierarzt mit vorsichtigem Druck dazu zu stimulieren, dass die Meerschweinchen Urin absetzen. Diesen kann man sauber auffangen und ins Labor schicken. Das Labor kann Verunreinigungen wie Umgebungskeime oder natürliche Bakterien der Scheidenflora erkennen und von Entzündungserregern unterscheiden.
Beispiel für die praktische Umsetzung eines Antibiogramms: Nährboden in einer Petrischale mit Bakterien-Kolonien (kleine weiße Punkte) und Antibiotika-Plättchen
Eingekreist sind die Plättchen mit Antibiotika, um die sich ein Hemmhof zeigt, die also wirksam gegen die Bakterien sind. Das untere Antibiotikum ist Pradofloxacin, was beim Meerschweinchen gegeben werden kann.
Hier könnt ihr ein Antibiogramm als Beispiele sehen:
Erklärung zu diesem Antibiogramm:
Es gibt zwei Listen (1) und (2), diese stehen für zwei Erreger/Bakterienarten, die in einer Urinprobe gefunden wurden.
R bedeutet resistent, also dass diese Bakterien nicht durch das Antibiotikum getötet werden können. S bedeutet das Gegenteil mit sensitiv, dass sie gut ansprechen. I steht für intermediär, dies bedeutet dass die Bakterien nicht getötet, aber gehemmt werden im Wachstum.
Die Zahlen (MHK Werte, mittlere Hemmkonzentration) besagen, wie viel vom AB nötig ist, dass es gut wirkt.
Daher sind die AB mit niedrigen Zahlen zu berücksichtigen, welche bedeuten, dass bereits wenig von ihnen schon gut wirkt.
Das letzte in der Liste aufgeführte Antibiotikum bedeutet "Trimethoprim und Sulfamethoxazol" und steht für Cotrimoxazol.
Erreger 1 ist resistent in Bezug auf Enrofloxacin, Marbofloxacin und Pradofloxacin. Er ist aber laut diesem Antibiogramm empfindlich für Cotrimoxazol, das zeigt das S daneben (und die Angabe 0,5 für das Trimethoprim. Das Sulfonamid hat ist mit 9,5 nicht ganz so gut wirksam, wie das Trimethoprim.)
Erreger 1 wird also mit Enrofloxacin nicht behandelt werden können, aber mit Cotrimoxazol.
Erreger 2 dagegen reagiert laut Antibiogramm nicht Cotrimoxazol, sondern sollte aber mit Enrofloxacin behandelt werden können.
Im Falle dieser Infektion macht es also Sinn, mit beiden Antibiotika (Enrofloxacin und Cotrimoxazol) zu arbeiten.
- Magen-Darm-Probleme während Antibiotika-Gaben
Wirkliche Unverträglichkeiten bei Antibiotika-Gaben beim Meerschweinchen sind selten – geht es den Meerschweinchen über Tage sehr schlecht, sollte man das Antibiotikum aber zur Sicherheit absetzen und auch noch mehr Diagnostik betreiben, ob eine bisher nicht erkannte Erkrankung vorliegt.
Wenn es aber in den ersten 2-3 Tagen nach Beginn einer Antibiotika-Gabe zu Appetitlosigkeit, Durchfall oder Aufgasungen kommt, ist dies meist daher, weil die Antibiotika Bakterien abtöten. Diese sterben und dabei werden Giftstoffe frei. Diese auszuscheiden fordert den Körper der Meerschweinchen und kann anfangs vorübergehend zu solchen Symptomen führen, die aber dann meist nach 1-2 Tagen wieder abklingen. Es kann auch noch nach 5-7 Tagen nach Beginn einer Antibiotika-Gabe kurzzeitig zu Durchfall kommen, vermutlich, weil sich die Darmflora dann "sortiert". Dies heißt nicht, dass das Meerschweinchen das Antibiotikum nicht verträgt und es abgesetzt werden muss.
Um dem Körper des Tieres etwas Zeit zu geben, kann man die erneute Gabe des AB durchaus auch dann mal um ein paar Std oder einen Tag verzögern, sollten die Magen-Darm-Probleme zu schlimm sein.
Solche Erstreaktionen kann man bei manchen Antibiotika wie Zithromax durch Einschleichen abmildern. Zudem kann dem Tier in so einem Fall durch eine zum Antibiotikum zeitlich versetzte Gabe von Gift-bindenden Substanzen wie Huminsäure, Heilerde und/oder Apfelpektin geholfen werden. Hier steht mehr zu diesem Thema.
Ebenfalls sind Colosan und bei einer Aufgasung auch zusätzlich Simeticon ratsam - Infos dazu gibt es hier.
Viel blättriges Frischfutter (Gräser, Blattgemüse, Kräuter), Nadelhölzer, aromatische Saaten (Infos hier), aber auch Apfel, Gurke, Tomate etc. und hochwertiges Heu können ebenfalls helfen. Infos zu einer gesunden Ernährung von Meerschweinchen gibt es hier.
Man kann ein wenig Heu 15 Minuten in kaltem Wasser einweichen und dann abtrocknen und anbieten – manche Meerschweinchen mit Magen-Darm-Problemen mögen dies sehr gerne. Ebenfalls kann Wärme gut tun (vor allem Rotlicht) und viel Flüssigkeit als Tee oder flüssigen Brei gefüttert, wenn das Meerschweinchen dies freiwillig nehmen mag.
Wir raten dringend von einer Zwangsernährung ab, die psychisch und physisch sehr ungesund bis gefährlich für das Meerschweinchen sein kann und auch anhand der Physiologie des Meerschweinchens nicht gerechtfertigt ist. Wenige ml flüssigen Brei nach den Medikamenten zu geben, um diese besser in den Magen zu transportieren und dem Meerschweinchen Flüssigkeit zu geben, ist sinnvoll. Man kann auch ein wenig Honig in den Brei geben, sollte das Meerschweinchen gar nichts fressen wollen. Auch kann in Fällen, bei denen den Meerschweinchen sehr übel ist und sie über 1-2 Tage nichts fressen wollen, eine Infusion (beim Tierarzt spritzen lassen) gut sein.
Man kann dem Meerschweinchen vor dem Antibiotikum etwas Leinsamentee (das leicht schleimige Klare vom Tee, also nicht die Körner an sich - die kann man aber so zum Futtern anbieten) oder ein Öl (z.B. ein klein wenig Colosan oder Bio-Leinsamenöl oder Bio-Schwarzkümmelöl) vorher geben. Dies ist nicht unbedingt nötig, kann aber helfen, Magen und Darm etwas zu schonen.
- Darmaufbau nach Antibiotika-Gaben und Haltungsverbesserungen
Generell bei einer Erkrankung und vor allem dann zusätzlich nach einem Antibiotikum sollte das Meerschweinchen etwas zum Darmaufbau erhalten. Hier gibt es Infos dazu.
Natürlich ist auch gleichzeitig wichtig, die vielfältigen möglichen Ursachen für die Krankheit im Blick zu behalten - wir möchten ja eigentlich einen ganzheitlichen Heilungsansatz verfolgen und hinterfragen, warum es überhaupt zu einer Krankheit gekommen ist. Meerschweinchen neigen heutzutage leider durch immer schwächere Immunsystem zu Entzündungen und nicht immer findet man dafür eine Ursache. Dennoch schadet es nie, kritisch zu hinterfragen, ob man das Leben des Meerschweinchens noch verbessern kann durch Veränderungen an Haltung, Ernährung, der Gruppenkonstellation etc.