Ursachen für Aufgasungen beim Meerschweinchen
Man unterscheidet beim Meerschweinchen zwischen Aufgasungen im Darm und im Magen.
Magenaufgasungen äußern sich noch etwas anders als Aufgasungen im Darm – mehr dazu steht in den unteren Textabschnitten zu Symptomen.
Der Darm kann an verschiedenen Stellen aufgasen, nicht immer verrät die Position der Aufgasung etwas über die Ursache.
Häufig haben Meerschweinchen auch Blinddarmaufgasungen – der Blinddarm ist eine Art „Gärkammer“, dort werden Nahrungsbestandteile wie Gräser vergoren. Gärprozesse gibt es dort immer in geringen Maßen, bei einer Erkrankung kann es aber zu übermäßiger Gärung kommen (die Verdauung wird dann blockiert durch Verspannungen durch Schmerzen oder bakterielle Gifte etc.) und der Blinddarm gast stärker auf. Dies kann jedoch auch in anderen Darmbereichen passieren, das Gas sammelt sich aber gerne im Blinddarm und daher sind Aufgasungen dort sehr häufig.
Alle Erkrankungen beim Meerschweinchen können Aufgasungen verursachen, allen voran allgemein durch Entzündungen und Infektionen, aber auch durch eine verminderte Funktion von Organen oder durch Behinderung der Funktion von Magen und Darm. Schmerzen können Magen und Darm durch Verspannungen und die Blockade des Vagus-Nervs behindern und auch bakterielle Toxine belasten den Organismus des Meerschweinchens – dies alles kann zu Aufgasungen führen.
Ein Meerschweinchen, was nichts fressen möchte, muss nicht unbedingt eine Aufgasung bekommen. Selbst, wenn keine Nahrung aufgenommen wird, gast ein Meerschweinchen nicht pauschal auf und wenn, dann durch die primäre Erkrankung.
Wir kennen Meerschweinchen, die 1-2 Tage nichts gefressen hatten und dennoch nicht aufgegast waren. Dagegen haben die meisten Meerschweinchen, die aufgegast waren in unserem Umfeld, gefressen. Auch, wenn Meerschweinchen nicht fressen, schreitet die Verdauung voran. Daher ist auch kein gefährliches und qualvolles Zwangsernähren nötig oder sinnvoll - unsere ausführlichen Gedanken zu diesem Thema könnt ihr hier lesen.
Kommt es über längere Zeit hinweg immer wieder zu Problemen durch Aufgasungen, ist meistens die dafür ursächliche Krankheit noch nicht gefunden worden. Beispielsweise können sich Lungenentzündungen über lange Zeit anschleichen und immer wieder zu, zum Teil sogar starken, Aufgasungen führen, ohne typische Symptome wie Atemprobleme zu verursachen. Dies gilt auch für andere Erkrankungen jeglicher Art, wie Blasenentzündungen, Gebärmutterprobleme, Tumore in Organen.
Deswegen ist bei einer Aufgasung, aber gerade auch bei wiederkehrenden Aufgasungen, immer ausreichend Diagnostik (Urincheck, Röntgenbilder, Ultraschall – mehr Infos dazu hier) zu betreiben.
Zahnprobleme begünstigen ebenfalls Aufgasungen, matschigen Kot und andere Probleme mit der Verdauung, da nicht gut gekaute oder geschlungene Nahrung im Darm bei der Verdauung zu mehr Gärung führt.
Auch Herzprobleme oder ein Erguss am Herzen (Pleuraerguss) führen oft zu Magenaufgasungen, da ein zu großes Herz oder ein Erguss die Luft- und Speiseröhre hochdrücken können. So wird dann Luft geschluckt beim Futtern oder durch Atemprobleme. Dies kann als Folge dann natürlich auch zu Aufgasungen im Darm führen.
Vielfältige Erkrankungen von Magen und Darm an sich, häufig auch Entzündungen in diesen Organen, können natürlich ebenfalls Aufgasungen verursachen. Bei einer Darmentzündung, kann der Darm nicht mehr richtig arbeiten und die unerwünschten Bakterien im Darm können zudem Gase produzieren. Für mehr Infos zu Erkrankungen von Magen und Darm schaut gerne hier in den Text. Da es beim Meerschweinchen so gut wie nie zu Verstopfungen (mehr Infos hier) kommt, sind es meist Tumore in der Nähe oder an Magen und Darm, die die Weiterleitung (Passage) von Nahrung im Verdauungstrakt behindern und so zu einer Aufgasung führen können.
Auch Darmparasiten können Aufgasungen verursachen. Sie können sich jedoch häufig nur dann ansiedeln, wenn das Meerschweinchen gestresst ist oder durch eine andere Erkrankung ein schwaches Immunsystem besitzt, schlecht ernährt wird oder Antibiotika erhält. Auch dann muss nach einer ursächlichen Erkrankung mit Diagnostik gesucht werden. Mehr zu Darmparasiten steht hier. Zu den Darmparasiten zählen für uns auch krankmachende Bakterien, die den Darm entzünden lassen.
Ein gestörtes Darmmilieu kann zu Problemen wie Matschkot oder chronischen Aufgasungen führen - dies ist beim Meerschweinchen jedoch sehr selten. Selbst Antibiotika-Gaben und andere Medikamente in hohen Dosierungen über längere Zeit machen den meisten Meerschweinchen keinerlei Probleme und verursachen auch nicht pauschal Magen-Darm-Probleme. Bei oder nach einer Antibiotika-Gabe vermehren sich jedoch gerne mal Darmparasiten wie z.B. Hefen und diese verursachen dann die Probleme wie zu weichen Kot oder Aufgasungen. Darmaufbau kann bei jeglichen Erkrankungen, aber gerade auch bei Aufgasungen sehr sinnvoll sein. Mehr Infos dazu stehen weiter unten im Text über die Therapien bei Aufgasungen.
Eine Schwäche anderer an der Verdauung beteiligten Organe wie z.B. Bauchspeicheldrüse und Leber können natürlich die Verdauung ebenfalls beeinflussen und zu Aufgasungen führen. Diese Erkrankungen sind aber meist nicht gut zu diagnostizieren beim Meerschweinchen und wohl auch sehr selten. Solche Erkrankungen machen meist wenn nur sehr geringe und kaum merkliche Aufgasungen und Probleme und führen vielleicht eher zu zu weichem Kot. Mehr zur Leber steht hier und zu Matschkot und Durchfall hier.
Ebenfalls können Verwachsungen oder Verklebungen am Darm nach Operationen im Bauch (Kastration, Blasenstein-Operationen etc.) dazu führen, dass der Darm behindert wird und zu Aufgasungen führen. Diese sind dann chronischer Natur und dann kann es tatsächlich auch sein, dass die Meerschweinchen Probleme haben, lange Fasern wie z.B. aus Gras zu verdauen. Solche Fälle sind zum Glück sehr selten, aber da es nach Operationen zu sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Verklebungen kommt, gerade nach Kastrationen von Meerschweinchen-Weibchen, sollte man diese Option nach Operationen und bei anschließend chronischen Verdauungsproblemen und Aufgasungen immer im Hinterkopf behalten.
Das Futter an sich stellt bei artgerecht ernährten Meerschweinchen so gut wie nie eine Ursache für Aufgasungen dar - auch nicht, wenn unbekanntes Frischfutter zu Beginn nicht langsam angefüttert wird. Meerschweinchen sind diesbezüglich unseren vielfältigen Erfahrungen zum Glück gar nicht empfindlich.
Leider wird eine Aufgasung bei Meerschweinchen bei Tierärzten, die sich nicht gut mit Meerschweinchen auskennen, häufig auf die Nahrung der Meerschweinchen geschoben. Dies führt dann leider häufig dazu, dass die eigentliche Ursache für die Aufgasung nicht gesucht, gefunden und behandelt wird und dies dann dazu führt, dass die Meerschweinchen unnötig lange leiden oder sogar versterben.
Wenn Meerschweinchen verfaultes oder verschimmeltes Futter essen müssen, weil es keine Alternativen gibt oder das Futter mit vielen Spritzmitteln oder anderen Giften belastet ist, dann kann dies zu Aufgasungen führen (muss aber nicht). Solche Vorkommnisse sind in guter Haltung aber zum Glück selten.
Ansonsten muss man Meerschweinchen unseren Erfahrungen nach nicht besonders an ungewohntes Frischfutter gewöhnen. Selbst Meerschweinchen, die sehr schlecht ernährt wurden zuvor, vertragen ungewohntes Frischfutter (auch Gräser und Kohl) ohne Anfüttern in der Regel ohne Probleme. Wichtig ist, dass die Meerschweinchen keine Pellets bekommen (diese können die Verdauung behindern und Aufgasungen begünstigen) und Futterpflanzen aus der Natur dürfen nicht durch Dünger oder Spritzmittel verunreinigt sind, da dies ebenfalls Aufgasungen auslösen kann.
Meerschweinchen sollten bei z.B. den ersten Fütterungen von Gräsern allerdings nicht vor Freude und Gier schlingen. Das Gras an sich löst unseren Erfahrungen keine Aufgasungen aus, jedoch das Schlingen des Grases, da es dann nicht richtig gekaut wird und bei der Verdauung zu Aufgasungen führen kann – dies muss nicht zu Probleme führen, kann aber und sowas passiert vor allem, wenn nur wenig Gras gefüttert wird anfangs und die Tiere darum konkurrieren und schnell fressen.
Man kann besser so viel Gras anbieten, dass für alle Meerschweinchen für längere Zeit genug davon im Angebot ist und dieses dann mit Heu mischen, so dass sie es sich aus dem Heu heraussuchen müssen, was ein Schlingen unterbindet.
Lest mehr hier zum Anfüttern von Nahrungsmitteln.
Meerschweinchen sollten generell mit viel Frischfutter wie vor allem Gräsern und Blattgemüse ernährt werden, aber auch noch mit anderen Nahrungsmitteln und vor allem viel Vielfalt/Auswahl. Mehr Infos dazu könnt ihr hier nachlesen.
Symptome von Aufgasungen beim Meerschweinchen
Selbst bei starken Aufgasungen können sich Meerschweinchen völlig unauffällig verhalten. Nicht immer merkt man ihnen also etwas an. Dies kommt auch auf die Ursache der Aufgasung, also auf die zugrundeliegende Erkrankung an sich an und welche Schmerzen diese verursacht.
Jedoch können Aufgasungen auch zu ganz typischen Symptomen führen. Aufgasungen können - je nach Ausmaß - wenige bis sehr starke Schmerzen verursachen und das merkt man den Meerschweinchen dann auch häufig deutlich an - für allgemeine Schmerzsymptome bei Meerschweinchen schaut gerne in den Link hier. Bei einer starken Aufgasung hocken Meerschweinchen ggf. auch einen Buckel machend in einer Ecke und/oder geben Schmerzlaute (Weinen) von sich (Meerschweinchen weinen häufig allerdings auch beim Kotabsetzen, wenn eine Blasenentzündung vorliegt - daran denkt man dann oft gar nicht, wenn man diesen Zusammenhang nicht kennt).
Manche Aufgasungen sieht man den Meerschweinchen gleich auch schon an, indem sie an Körperumfang zunehmen und gebläht aussehen. Bei einer Blinddarmaufgasung sind die Meerschweinchen links am Bauch kugelig gebläht, denn dort liegt der Blinddarm. Dies kann man dann auch gut tasten.
Es kann auch sein, dass die Meerschweinchen anfangen zu humpeln, weil die Aufgasung im Darm die Hinterbeine beeinflusst und auch schmerzhaft ist.
Ebenfalls lässt sich manchmal am Kot der Meerschweinchen erkennen, dass sie Aufgasungen haben. Durch das Gas im Darm kommt es zu kleinen Ausbuchtungen oder Rillen in ihren Böhnchen (Kot). Dies nennt man Gasrillen.
Diese Fotos zeigen Beispiele für Böhnchen mit Gasrillen.
Spezialfall Magenaufgasung
Magenaufgasungen unterscheiden sich in Bezug auf die Symptome beim Meerschweinchen von den Aufgasungen im Darm. Man kann sie beim Meerschweinchen nicht tasten und nur durch Röntgenbilder diagnostizieren.
Daher bleiben sie oft unbemerkt und werden nicht behandelt.
Magenaufgasungen beim Meerschweinchen können Symptome wie allgemeines Unwohlsein, Inappetenz und Schmerzen auslösen, jedoch auch dazu führen, dass das Meerschweinchen Atemprobleme bekommt (durch den Druck des gegasten Magens auf das Zwerchfell) oder würgen muss und dazu das Maul aufsperrt (dies kommt durch den hohen Druck im Magen - Meerschweinchen können sich nicht übergeben oder aufstoßen und den Druck somit auf diesem Weg nicht loswerden). Dies kann aussehen kann, als hätte das Meerschweinchen plötzlich Zahnprobleme oder etwas im Hals stecken. Es kaut meist aber dann zwischen dem Würgen ohne Probleme und wenn es bereits eine andere Erkrankung hatte oder noch Symptome für eine andere Krankheit aufweist, muss in solchen Fällen immer an die Möglichkeit einer Magenaufgasung gedacht werden.
Auch Atemprobleme und Atemgeräusche können durch eine Magenaufgasung entstehen, da der gegaste Magen auf das Zwerchfell drücken kann. Dies ist allerdings selten, meistens ist es so, dass durch eine Lungenentzündung oder ein Herzproblem die Atemprobleme entstehen und als Resultat dieser schluckt das Meerschweinchen Luft und hat Schmerzen und es kommt zu der Magenaufgasung. Deswegen ist es immer (!) bei einer Magenaufgasung sehr wichtig, dass nach anderen möglichen Erkrankungen gesucht und mehr Diagnostik betrieben wird.
Eine Magenaufgasung, selbst eine starke, kann beim Meerschweinchen in vielen Fällen jedoch sogar ohne Symptome verlaufen. Man merkt den Tieren dies dann gar nicht an. Eine Magenaufgasung kommt bei Stress (Verspannungen, Aufregung, Luft schlucken durch hastiges Fressen) auch in geringem Ausmaß vor und kann daher auf Röntgenbildern häufig auch bei gesunden, aber durch den Tierarztbesuch gestressten Meerschweinchen gesehen werden. In stärkerem Ausmaß jedoch zeigt sie eine andere Erkrankung an, durch die es dann durch Schmerzen und auch durch eine Entzündung zu der Magenaufgasung kommt.
Magenaufgasungen können zu hohem Druck im Magen führen, wird das Meerschweinchen dann noch per Zwang ernährt/gepäppelt, kann der Magen reißen. Wir räten generell von sowas ab, weitere Infos dazu steht weiter unten im Text im Abschnitt zu Therapien.
Magenaufgasungen können auch zu einer Verlagerung des Magens führen. Der Magen liegt beim Meerschweinchen links (Achtung, Röntgenbilder von oben sind oft spiegelverkehrt, da sieht man den Magen dann rechts! Es wird eine Seite auf den Bildern in der Regel markiert für die Orientierung.) Er kann durch eine Aufgasung dann mehr in die Mitte und nach rechts verlagert werden. Dies muss keine Probleme darstellen, aber kann. Ebenfalls kann es so zu Magendrehungen kommen, die einen lebensgefährlichen Notfall darstellen. Mehr dazu steht hier in diesem Text.
In diesen folgenden zwei Videos der alten Meerschweinchendame Milia sehen, die aufgrund von sehr kranken Nieren eine Magenaufgasung bekommen hatte. Da sie dadurch würgen musste, wurden ihre Zähne und ihr Rachen unter Gasnarkose geprüft, aber damit war alles in Ordnung. Solche Symptome hält man häufig für plötzliche Zahnprobleme, aber es handelt sich bei kurzfristig aufgetretenem Würgen meist um Symptome einer Magenaufgasung:
https://www.youtube.com/watch?v=N4z3k9U-mrg
https://www.youtube.com/watch?v=jzAb7xatJDU
Diese Meerschweinchendame im folgenden Video hat eine Lungenentzündung und dadurch eine Magenaufgasung. Der Druck im Magen verhindert, dass das Meerschweinchen normal kauen und schlucken kann - typische Symptome für eine Magenaufgasung, die oft fälschlicherweise für plötzliche Zahnprobleme gehalten werden: https://youtube.com/shorts/46Yl_hntP8M?feature=share