In diesem Text geht es nicht um Nachwuchs bei Meerschweinchen, sondern darum, was bezüglich der Gruppenkonstellationen zu beachten ist, wenn man jungen Meerschweinchen ab ca. 6 Wochen nach dem Absetzen von der Mutter ein Zuhause bieten möchte.
Es gilt für uns dabei folgende wichtige Grundlage: junge Meerschweinchen sollten nie ohne mindestens ein älteres Meerschweinchen als Erzieher aufwachsen und immer mindestens einen gleichaltrigen Spielgefährten haben.
Ansonsten kann es sein, dass die jungen Meerschweinchen ihr Leben lang Probleme in der Kommunikation mit anderen Meerschweinchen haben werden, was das Glück ihres Lebens deutlich mindern kann.
Gerade das Fehlen eines Erziehers kann sich schädlich auf die Sozialisierung der jungen Meerschweinchens auswirken und später im Zusammenleben mit anderen Meerschweinchen immer wieder zu Kommunikations-Problemen führen.
Eine optimale Gruppe, die sich zum Aufwachsen und zur Erziehung von jungen Meerschweinchen ab einem Alter von ca. 6 Wochen eignet, beginnt im Optimalfall bei einer Gruppengröße von 4 Meerschweinchen mit zwei Jungtieren (Jungtiere: Meerschweinchen unter 1-1,5 Jahre) im ähnlichen Alter und zwei erwachsenen Erzieher-Meerschweinchen (ab ca. 1,5-2 Jahre). Neben einem Erzieher ist nämlich auch die Anwesenheit weiterer Jungtiere im ähnlichen Alter wichtig für die Entwicklung junger Meerschweinchen.
Wir legen jedem ans Herz, dies aus Liebe zum Tier so zu beachten.
Warum wir dies so empfehlen und weitere Infos zu diesen Themen haben wir im folgenden Text zusammengefasst.
Warum brauchen junge Meerschweinchen Erzieher-Meerschweinchen?
Meerschweinchen sind erst im Alter von ca. 1,5 Jahren erwachsen. Man kann ungefähr 1 Lebensmonat von Meerschweinchen mit einem Jahr Menschenleben gleichsetzen. Bis zu einem Alter von ca. 1,5 Jahre brauchen Meerschweinchen unbedingt die Erziehung von älteren Meerschweinchen, die dann am besten bereits mindestens ca. 2 Jahre alt sind und selbst gut erzogen wurden von sozialen älteren Meerschweinchen.
Häufig wachsen junge Meerschweinchen heutzutage leider ohne ein älteres Erzieher-Meerschweinchen auf, da viele Menschen von diesem Thema nichts wissen oder nicht darauf achten. Da Meerschweinchen bis ca. 1,5 Jahre jedoch noch nicht erwachsen sind, benötigen sie unbedingt mindestens ein älteres Meerschweinchen als Erzieher.
Meerschweinchen haben mehrere Pubertäts-Phasen, bis sie 1,5 Jahre alt werden. Diese nennt man „Rappelphasen“. Wann genau diese Phasen eintreten, ist unterschiedlich. Meistens sind junge Meerschweinchen eine Weile in diesen Phasen im Alter von ca. 6 Monaten bis zu 1 Jahr. Da sie in diesen Phasen ihre Grenzen austesten, sind gerade dann auch Erzieher-Meerschweinchen wichtig, um sie in ihre Schranken zu verweisen und ihnen zu sagen, dass sie nicht einfach alles machen können, wonach ihnen der Sinn steht.
Junge Meerschweinchen genießen anfangs, in den ersten Monaten ihres Lebens, noch „Welpenschutz“. Sie dürfen dann noch einiges, was ältere Meerschweinchen nicht mehr dürfen, z.B. den erwachsenen Meerschweinchen Futter aus dem Maul klauen, über ihren Rücken springen, sie anspringen oder anrempeln beim wilden Umherrennen. Irgendwann aber ist diese Zeit vorbei, weil die jungen Meerschweinchen zu alt geworden sind. Dann erklären ihnen die älteren Meerschweinchen, dass man sich so nicht mehr verhält, sondern auf die anderen Tiere der Gruppe Rücksicht nimmt und sich mit Respekt anderen gegenüber verhält. Die jungen Meerschweinchen testen manchmal erst, ob sie dies nun wirklich müssen – daher bekommen sie manchmal Schimpfe mit aufgerissenem Mäulchen der Erzieher ab oder einen Stupser oder Hacker von diesen, wenn nicht anders möglich. Meistens ordnen sich die jungen Meerschweinchen dann den ranghöheren, älteren Meerschweinchen unter und lernen so, sich in die Rangordnung harmonisch einzufügen, bis ihnen irgendwann ein höherer Rand zusteht.
Wenn junge Meerschweinchen nicht von einem Erzieher in ihre Grenzen gewiesen werden, gewisse Regeln der Kommunikation und des Umgangs mit anderen Meerschweinchen lernen und somit erzogen werden, kann es später eventuell Probleme mit der Kommunikation mit anderen Meerschweinchen geben. Es gibt dann unter Umständen Missverständnisse mit den anderen Meerschweinchen, weil sich die entsprechenden Tiere nicht verständlich genug in der Kommunikation äußern können oder es kommt – vom entsprechenden Meerschweinchen dann oft ungewollt – zu Respektlosigkeiten und dadurch zu Streit. Dies führt dann zu Stress und Frustration aller Tiere und macht auch Vergesellschaftungen und harmonische Gruppen mit den entsprechenden Tieren schwieriger.
Das heißt nicht, dass Meerschweinchen, die ohne Erzieher aufgewachsen sind, später problematisch werden müssen. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass die Meerschweinchen sich später sozial und freundlich verhalten, wenn sie in der Jugend einen Erzieher hatten.
Manche Meerschweinchen sind vom Charakter oder durch ggf. ungute Erfahrungen mit anderen Meerschweinchen her auch einfach etwas draufgängerisch oder dominant und lassen sich generell ungern etwas sagen oder unterordnen. Gerade bei solchen sowieso schon Charakter-starken Jungtieren hilft ein Erzieher sehr, dass sie sich harmonisch in eine Gruppe einfügen und respektvoll mit anderen Meerschweinchen umgehen lernen.
Ebenfalls ist es jedoch auch ungünstig, wenn ein Jungtier nur unter erwachsenen Meerschweinchen aufwächst, da ihm dann ein Spielgefährte fehlt. Auch ist es für erwachsene Meerschweinchen nicht schön, lediglich Jungtiere als Gefährten zu haben. Es ist ähnlich wie bei uns Menschen: ein Erwachsener will nicht nur in der Gesellschaft von Kindern sein und ein Kind nicht nur unter Erwachsenen.
Mehr zu diesem Thema gibt es weiter unten im Text.
(WICHTIGE RANDBEMERKUNG: Viele ältere Schweinedamen werden als dominant oder zickig bezeichnet – meistens liegt dabei kein Erziehungs- und Sozialisationsproblem vor, sondern sie haben dann häufig hormonelle Probleme und benötigen eine medizinische Behandlung. Mehr dazu steht hier und hier.)
Was ist die Aufgabe von Erzieher-Meerschweinchen?
Meerschweinchen haben, wie bereits erwähnt, im Laufe ihrer Jugend mehrere pubertäre Phasen, die "Rappelphasen". Die Meerschweinchen werden dann etwas frecher und wilder und provozieren die älteren Tiere eventuell auch. Wenn dann keine Erzieher-Meerschweinchen eingreifen, kann es sein, dass Meerschweinchen entwickelt übersteigertes Selbstbewusstsein und wird sehr dominant, was auch wieder zu Problemen in späteren Gruppenkonstellationen führen kann.
Erzieher-Meerschweinchen lehren den Jungtieren desweiteren neben dem freundlichen Umgang mit anderen Meerschweinchen auch sonst einiges, was mit dem Meerschweinchenleben zu tun hat, z.B. welche Pflanzen fressbar sind und wie man sich in bestimmten Situationen verhält. Zudem bieten die Erzieher den jungen Meerschweinchen Sicherheit in beängstigenden Situationen und sie beaufsichtigen sie bei Aktivitäten und greifen ein, sollte etwas riskant sein.
Es ist im Grunde alles etwas vergleichbar wie bei uns Menschen mit Kindern und Teenagern :-)
Die folgenden Fotos zeigen, wie Erzieher-Meerschweinchen den Jungtieren zeigen, was fresssbar ist.
Bei Ausflügen auf für die Jungtiere bisher nicht bekanntem Gebiet (z.B. in den Garten oder in einen anderen Raum im Haus) sind Erzieher sehr wichtig, um ihnen Sicherheit zu vermitteln und ihnen alles zu zeigen und zu erklären. Die nächsten Impressionen zeigen eine Meerschweinchen-Gruppe mit Erziehern und Jungtieren bei Ausflügen in den Garten.
Mehr Infos zu Garten-Ausflügen und wie diese stressarm und schön für Meerschweinchen gestaltet werden können, könnt ihr hier nachlesen.
Die folgenden Fotos zeigen, wie ein Erzieher-Kastrat die neu angekommenen Jungtiere mit auf einen Wohnungsausflug mitnimmt und ihnen alles erklärt.
Freie Wohnungshaltung ist für so agile, neugierige und schlaue Tiere wie Meerschweinchen eine optimale Haltungsform.
Gerade auch für energiegeladene Jungtiere bietet diese Haltungsart Möglichkeiten zum flotten Rennen und zur Unterhaltung. Mehr Infos über die freie Wohnungshaltung gibt es hier.
Diese Meerschweinchengruppe hatte zwischen Wohnzimmer und Garten eine Stufe zu überwinden. Sie wurden nicht dazu gezwungen, diese Stufe zu springen, aber haben dies gerne gemacht und konnten so frei entscheiden, ob sie im Haus oder im Garten sein wollten. Sie konnten auch auf ein Stimmsignal gezielt ins Haus gerufen werden. Mehr dazu, wie man ihnen dies beigebracht hat, steht hier.
Neu angekommene Meerschweinchen haben das Stufenspringen von den anderen Meerschweinchen abgeschaut und gelernt.
Die folgenden Fotos zeigen Erzieher-Meerschweinchen, die den angekommenen Jungtieren die Stufe erklären.
Man sieht auf den Fotos schön, wie detailliert, ruhig und aufmerksam dies durch die erwachsenen Erzieher-Meerschweinchen geschah. So setzt sich der Erzieher-Kastrat beim Hinabspringen der Stufe erst einmal vor die jungen Meerschweinchen, um ihnen zu zeigen, dass sie hier vorsichtig sein müssen. Er springt dann die Stufe zuerst und warten unten auf die Kleinen. Ebenfalls wird alles in Ruhe zusammen angeschaut und die Erzieher-Tiere warten immer, bis die Jungschweinchen bereit sind für den nächsten Schritt.
Solche Möglichkeiten, in Begleitung mit Erziehern die Welt zu erkunden und erklärt zu bekommen, haben Jungschweinchen natürlich nur, wenn sie genug Platz und Unterhaltungsmöglichkeiten haben. Ansonsten kann es sein, leiden sie unter Bewegungsmangel und Langeweile. Das richtige Gehege entscheidet stark über die Lebensqualität von Meerschweinchen im Laufe ihres Lebens.
Hier könnt ihr Tipps und Anregungen zur Gestaltung von schönen Innengehegen für Meerschweinchen und hier zur Gestaltung von schönen Aussengehegen nachlesen.
Welche Meerschweinchen eignen sich als Erzieher?
Als Erzieher-Meerschweinchen eignen sich gesunde Meerschweinchen ab ca. 1,5-2 Lebensjahren, die im Optimalfall sehr sozial, freundlich, mutig und entspannt sind und am besten ebenfalls eine Erziehung durch ein gutes Erzieher-Meerschweinchen erhalten haben.
Die Erziehung junger Meerschweinchen kann stressig und anstrengend sein, weshalb dies chronisch kranken oder sehr alten Meerschweinchen nicht mehr zugemutet werden sollte.
Ein Erzieher muss die Jungtiere nicht nur maßregeln, wenn sie zu aufmüpfig und frech oder zu wild werden, sondern zusätzlich auch immer auf die Jungtiere und ihre Sicherheit Acht geben. Daher ist es optimal, wenn es mehrere erwachsene Meerschweinchen in einer Gruppe gibt, die sich diese Arbeit teilen und sich so gegenseitig entlasten können. Auch ist es für erwachsene Meerschweinchen schön, nicht nur unter Baby-Schweinchen zu sein, sondern auch erwachsene Partnertiere zu haben.
Wenn Meerschweinchen in der Jugend gut erzogen werden und somit zu freundlichen, entspannten und sozialen erwachsenen Meerschweinchen werden, eignen sie sich perfekt, um selbst Erzieher-Meerschweinchen für Jungtiere zu werden.
Die folgenden Fotos zeigen erst die kleine Neyla (erste zwei Fotos), die eine tolle Erziehung erhalten hatte und anschliessend die kleine Ennie erziehen konnte (drittes Foto; Neyla hier nun in ihrem deutlich dunkleren Erwachsenen-Fell).
Hier seht ihr den kleinen Quentin, der sich Dank guter Erziehung zu einem später ebenfalls ganz tollen Erzieher-Kastraten entwickelte.
Warum sind zudem auch weitere Jungtiere wichtig in einer Gruppe neben Erzieher-Meerschweinchen?
-> zum Thema empfehlenswerte Gruppenkonstellationen für junge Meerschweinchen
Junge Meerschweinchen bis zum Alter von ca. 1 Jahr sollten am besten auch immer zumindest ein ungefähr gleichaltriges Tier in der Gruppe haben, damit sie mit diesem spielen können. Erwachsene Meerschweinchen spielen nicht mehr so ausgelassen und oft wie Jungtiere und das gemeinsame Spielen der jungen Meerschweinchen stellt auch einen wichtigen Part in ihrer Entwicklung dar. Zudem erziehen sich die jungen Tiere dann auch gegenseitig und der Erzieher wird nicht so oft zum Spielen aufgefordert, was für die erwachsenen Schweinchen manchmal auch nervig und überfordernd sein kann. In solchen Fällen können sie dem Jungtier dann auch eine deutliche Absage erteilen – hat es dann kein anderes Jungtier zum Spielen, kann es eventuell daher seine Kindheit nicht richtig ausleben und ist häufig frustriert. Es wird um die fröhliche, unbeschwerte Spielphase in seinem Leben gebracht.
Dies kann sich später, wenn das Meerschweinchen dann erwachsen geworden ist, eventuell in eher harschen und frustrierten Charakterzügen gegenüber den anderen Meerschweinchen zeigen. Dies ist weder für das entsprechende Meerschweinchen an sich noch für die anderen Tiere dann eine schöne Situation. Auch Meerschweinchen haben Recht auf eine fröhliche Kindheit – und dazu brauchen sie gleichaltrige Gefährten. Auch diesbezüglich sind Meerschweinchen gar nicht so verschieden, wie wir Menschen oder andere Tiere.
Manchmal sind die erwachsenen Meerschweinchen vom Charakter her sehr ausgelassen unterwegs und spielen viel mit dem Baby-Meerschweinchen. Dies ist eine gute Grundlage, dass es kein gleichaltriges Jungtier vermisst, dennoch aber funktioniert sowas nicht immer gut und optimaler ist es, mindestens zwei ähnlich alte Jungtiere in der Gruppe zu haben.
Die Jungtiere sollten im Optimalfall dabei nicht mehr als 2-3 Monate vom Alter auseinander sein. Ein Meerschweinchen, was 1 Jahr alt ist, ist zwar auch noch ein sogenanntes Jungtier, eignet sich aber nicht mehr als Spielgefährte für ein 2 Monate altes Baby-Meerschweinchen. Umgerechnet sind diese Tiere in Menschenjahren 12 Jahre und 2 Jahre alt – solche Menschenkinder sind auch zu weit auseinander, so dass ihnen diese Gesellschaft miteinander noch ausreichen würde. In diesem Alter gibt es unterschiedliche Entwicklungsstände, Lernaufgaben und Bedürfnisse und so wünschen sie sich die Menschenkinder dann, auch mal in ungefähr gleichaltriger Gesellschaft zu sein. Ähnlich kann es bei Meerschweinchenkindern sein anhand unseren Beobachtungen und Erfahrungen.
Natürlich kann man von den Menschen nicht immer direkt auch so auf die Situation der Meerschweinchen schließen – diese Vergleiche sind aber nicht ganz verkehrt und eignen sich durchaus, um deutlich zu machen, was für eine gute Aufzucht von Jungschweinchen sinnvoll ist.
Die folgenden Fotos zeigen zwei Paare von Jung-Meerschweinchen, die zusammen aufwachsen können.
Im gemeinsamen Spiel und beim Entdecken der Welt haben sie nicht nur viel Spass, sondern lernen auch eine Menge zusammen.
Dementsprechend ist auch von Gruppen aus einem erwachsenen Meerschweinchen und einem Baby-Meerschweinchen abzuraten. Dies ist nicht im Sinne der Meerschweinchen und endet manchmal damit, dass das Jungtier nicht optimal aufwachsen kann und das erwachsene Meerschweinchen gestresst ist. Solch ein Zustand ist weder schön noch gesund. Dies gilt auch im Falle von Böckchen – der vorletzte Textabschnitt weiter unten geht auf dieses Thema ein.
Eine Gruppe, die sich zur Erziehung von Meerschweinchen eignet, beginnt im Optimalfall bei einer Gruppengröße von 4 Meerschweinchen mit zwei Jungtieren im ähnlichen Alter und zwei erwachsenen Erzieher-Meerschweinchen.
Man kann mit vielen Meerschweinchen in einer Gruppe in Hinblick auf die Aufzucht von Jungtieren im Grunde nichts falsch machen (sofern das Gehege genug Platz bietet) – mit zu wenigen jedoch schon. Es dürfen im Optimalfall weder Erzieher, noch Spielgefährten fehlen.
Daher sollte man im Sinne der Meerschweinchen agieren und nicht wegen des eigenen menschlichen Wunsches Baby-Meerschweinchen holen, wenn die Gruppenkonstellation nicht für ein gutes Aufwachsen von jungen Meerschweinchen geeignet ist. Ja, Baby-Meerschweinchen sind wirklich unglaublich süß und wir lieben sie alle sehr – aber aus der Liebe zu den Meerschweinchen-Babys sollte man nur welche aufnehmen, wenn man ihnen mindestens ein, aber besser zwei oder mehr Erziehertiere und auch einen oder mehrere gleichaltrige Gefährten bieten kann.
Interessante Gruppendynamiken bei der Erziehung von jungen Meerschweinchen
Wir haben die interessante Beobachtung gemacht, dass die Meerschweinchen im Falle von mehreren älteren, als Erzieher-geeigneten Meerschweinchen und mehreren Jungtieren interessante Dynamiken in der Gruppe entwickeln: fast immer ist ein älteres Meerschweinchen in der Nähe bei den Jungtieren und beaufsichtigt diese. Es könnte unseren Beobachtungen nach dabei verschiedene „Schichten“ geben, für die die Erzieher-Meerschweinchen eingeteilt sind. Dabei übernehmen fittere Erzieher-Meerschweinchen die Aufsicht bei Ausflügen (z.B. durch die Wohnung oder in den Garten), wenn es um Action und Bewegung geht, und die ältesten und daher nicht mehr so fitten und flotten Meerschweinchen beaufsichtigen die Jungtiere beim Ruhen etc.
Kranke Meerschweinchen haben sich, sofern es noch weitere Erzieher-Meerschweinchen gab, unserer Beobachtung nach manchmal gar nicht mit der Erziehung von den Jungtieren befasst, sondern einfach nur gemeinsam Zeit mit ihnen verbracht, aber sich sonst eher in ruhigere Ecken des Geheges zurückgezogen.
Die Jungtiere wiederum waren meist zusammen unterwegs als vielleicht eine Art kleine „Kindergarten/Schul-Gemeinschaft“. So konnten sie zusammen spielen, lernen, Abenteuer erleben und sich auch gegenseitig ein wenig erziehen – dies alles aber dennoch natürlich immer unter der Beobachtung von mindestens einem älteren Meerschweinchen.
Eine Gruppe mit mehreren Jungtieren und mehreren älteren Meerschweinchen, die als mögliche Erzieher fungieren können, bietet somit die besten Möglichkeiten, dass die Bedürfnisse aller Meerschweinchen in der Gruppe gewahrt werden können.
Die nächsten Fotos zeigen die 8-jährige Meerschweinchenoma Murmel, die die zwei neuangekommenen Jungtiere in einer Ruhephase in der Hängematte beaufsichtigt. Murmel hatte immer die Aufsicht in Ruhemomenten, da sie wegen Arthrose nicht mehr so schnell laufen konnte. Wenn es um Entdeckungen und wilden Rennaktionen ging, achteten die jüngeren und fitteren Erzieher-Meerschweinchen auf die zwei Kleinen.
In Bezug auf Jungsgruppen und Frühkastraten – keine Ausnahmen!
Meerschweinchen-Jungs sind leider in der Regel nicht dafür gemacht, mit anderen Jungs zu leben. Am natürlichsten sind einfach Haremsgruppen aus einem Kastraten mit mehreren Weibchen. Dennoch sind Jungsgruppen sinnvoll und toll, wenn sie harmonisch sind (mehr Infos zu diesem Thema kann man hier nachlesen).
Wenn jedoch ein älterer unkastrierter Meerschweinchen-Bock nach dem Tod seines Partners alleine ist und nicht mehr mit älteren Jungs zu vergesellschaften ist und es zu Kämpfen kommt, wird dann meist ein einzelnes Baby-Meerschweinchen zu ihm gesetzt. Dies geschieht in der Hoffnung, dass die Zwei sich verstehen und es nicht zu Streit kommt, weil das Baby noch eine Art „Welpenschutz“ genießt und den älteren Bock auch nicht in Frage stellt.
Für uns ist dies aber – von sehr seltenen Ausnahmesituationen abgesehen - eigentlich keine zu tolerierende Ausnahme. Eine Gruppe aus einem Baby und einem erwachsenen Meerschweinchen kann Stress für beide Tiere sein, den wir Menschen nicht immer so wahrnehmen müssen oder können. Es ist keine artgerechte Gruppen-Konstellation so und bringt die erwähnten Probleme der eventuellen Frustration beider Tiere mit sich. Auch bei zwei Jungtieren bleibt das Problem, dass der ältere Erzieher nun alleine ist mit der Erziehung der beiden und damit überfordert sein kann.
Gerade wenn der erwachsene Bock vielleicht auch schon deutlich älter oder krank ist, kann er sehr gestresst werden durch das Jungtier, für dessen Erziehung er nun auch noch verantwortlich ist. Würde man als Mensch seinem 80-jährigen und kranken Menschen-Opa sein Menschen-Baby anvertrauen und denken, die Zwei zusammen könnte man nun für immer alleine lassen und es wäre kein Stress für den Opa? Ein so alter Mensch wird in der Regel nicht mehr in der Lage sein, sich ausreichend um ein Baby zu kümmern und wird es daher als überfordernd und stressig empfinden, was seiner Gesundheit nicht gut tun wird. So ähnlich ist es auch bei Meerschweinchen. Ebenfalls wird ein Jungtier auch dann gleichaltrige Spielgefährten vermissen, vor allem, je älter und kränker der Erzieher ist.
Auch tritt leider oft der Fall ein, dass während des Erwachsenwerdens die jungen Böcke doch noch entscheiden, dass sie nun nicht mit anderen Jungs zusammenleben wollen. Dann gibt es meist im Alter von ca. 1-1,5 Jahren Streit bis hin zu blutigen und gefährlichen Kämpfen. Dies betrifft auch Frühkastraten, die sich diesbezüglich nicht anders als Kastraten entwickeln, nur weil sie vor der Geschlechtsreife kastriert wurden.
Mehr zu diesem Thema gibt es hier. Und hier stehen Tipps, wie man vorgehen kann, wenn man einen älteren einsamen Jungen hat, der sich nicht mehr mit anderen älteren Jungs vergesellschaften lässt.
Generell raten wir wegen der Probleme der Vergesellschaftungen mit älteren Böcken, die Meerschweinchen-Jungs, auch wenn sie nur mit anderen Jungs in reinen Boygroups leben, zur Sicherheit immer kastrieren zu lassen. Dies ermöglicht generell ein stressfreieres Zusammenleben der Jungs. Eine Kastration gelingt ohne Komplikationen in der Regel noch in jedem Alter (auch noch mit 7 oder 8 Jahren), solange die Jungs noch gesund sind und man einen diesbezüglich guten und erfahrenen Tierarzt hat. Dies sichert den Jungs anschließend lebenslange Gesellschaft mit artgerechten und stressfreien Gruppen-Konstellationen, da sie dann auch mit Damen vergesellschaftet werden können.
Mehr Infos zu diesem Thema haben wir hier aufgeschrieben.
Was tun, wenn die Meerschweinchen keine Erziehung hatten und sich nun nicht sozial verhalten zueinander?
Nicht immer ist das Problem eine mangelnde Erziehung, wenn Meerschweinchen ruppig miteinander umgehen oder sich streiten. Hier könnt ihr mehr zu den möglichen Ursachen für ein solches Verhalten lesen.
Wenn aber wirklich eine mangelhafte Sozialisierung vorliegt, weil das entsprechende Meerschweinchen keine Erziehung hatte, so ist es manchmal schwer, ein solches Tier in eine neue Gruppe zu integrieren. Dies klappt meist nur, wenn die Gruppe generell aus gut erzogenen und somit sozialisierten Meerschweinchen besteht, die vom Charakter entspannt, tolerant und freundlich sind.
Gerade ältere Meerschweinchen, die keine Erziehung hatten und daher nicht sozial und verständlich mit anderen Meerschweinchen kommunizieren können, haben manchmal ein einsames, trauriges und stressiges Leben. In harmonischen, oft eher größeren Gruppen mit gut sozialisierten und toleranten Meerschweinchen können sie durchaus noch dazu lernen, wie man sozial miteinander umgeht und kommuniziert. Dies klappt aber auch nicht immer und ist im Alter viel schwerer als in der Jugend.
Um solche Situationen aus Liebe zu den Meerschweinchen zu vermeiden, sind Erzieher-Meerschweinchen unerlässlich. Keine verantwortungsbewusste und erfahrene Notstation oder Züchter wird aus diesem Grund Baby-Meerschweinchen alleine unter sich oder in eine Gruppe ohne Erzieher-Meerschweinchen vermitteln.
Hat man nun schon mehrere Meerschweinchen in der Gruppe, die keine Erziehung hatten und bereits erwachsen sind und bemerkt man Schwierigkeiten in ihrer Kommunikation oder ist die Gruppe nicht harmonisch, lohnt es sich generell immer, gut sozialisierte Meerschweinchen in die Gruppe aufzunehmen. Diese können dann den nicht erzogenen Meerschweinchen als gutes Beispiel dienen und meist schauen sich die erziehungslosen Meerschweinchen dann etwas ab. Gute Notstationen können euch beraten, welche ihrer Meerschweinchen dazu in Frage kommen.
Kein Meerschweinchen möchte alleine sein oder gegen andere Meerschweinchen ankämpfen. Es gibt immer einen Grund für ein asozial wirkendes Verhalten.
Falls ihr Probleme habt diesbezüglich und keine Ursache oder Lösung finden könnt, meldet euch gerne bei uns unter Kontakt und wir schauen, ob wir euch noch hilfreiche Tipps geben können.