Typische Symptome zu Beginn einer Nierenerkrankung beim Meerschweinchen können sein:
Aufgasungen und andere Verdauungsprobleme, allgemeines Unwohlsein und Schmerzzeichen (gesträubtes Fell, Probleme beim Laufen, Hocksitzhaltung, Apathie, Inaktivität, Fressunlust, Schmerzblick etc.), bei zusätzlichen Entzündungen, Nierensteinen oder Verkalkungen der Nieren gegebenenfalls Blut im Urin, Probleme beim Absetzen von Urin, beim Laufen mit den Hinterbeinen (dies wird oft fälschlicherweise bei älteren Tieren als Arthrose gedeutet), Rückenschmerzen, Weinen/Schreien beim Urinabsetzen, Gewichtsabnahme und/oder Mobbing durch andere Meerschweinchen, Ödeme, Ballenabszesse (durch Vergiftung des Körpers) und anderes.
Auch andere, unspezifische Symptome wie Neigung zu Parasiten, lichteres Fell und „aggressives Fressen“ bzw. Hyperaktivität (vor Schmerzen) können möglich sein.
Allgemeine Schmerzanzeichen beim Meerschweinchen könnt ihr hier nachlesen. Viele Nierenerkrankungen, z.B. gestaute Nieren und entzündete Nieren (auch Nierenbeckenentzündungen), verursachen starke Schmerzen. Dennoch lassen sich Meerschweinchen oftmals nicht viel anmerken und verhalten sich relativ normal - man muss sie gut beobachten und schon kleinste Schmerzsignale und Auffälligkeiten ernst nehmen.
Hier in diesem Video könnt ihr ab Sekunde 12 ein Meerschweinchen im Hintergrund (es wird nicht gefilmt in dem Moment, man hört es aber) mit einer Entzündung der Harnwege, auch der Nieren in diesem Fall, beim Urinabsatz stark weinen hören. Meistens sind die Nieren beteiligt, wenn die Meerschweinchen so spitz und laut weinen.
Meerschweinchen mit Nierenproblemen können, aber müssen nicht vermehrt trinken. Meist ist dies tatsächlich nicht der Fall. Auch müssen sie keinen nassen Hintern haben – dies deutet meist auch eher einen Harnwegsinfekt als ein Nierenproblem an.
So sieht es aus, wenn Meerschweinchen ihre Hinterbeine nicht mehr unter den Körper anziehen können - häufig ist dies der Fall, wenn die Nieren durch eine Erkrankung im Rücken zu Schmerzen führen:
Ursachen für Nierenerkrankungen beim Meerschweinchen
Woher kommen Nierenerkrankungen beim Meerschweinchen?
Diese Frage ist meist nicht bzw. nur schwer zu klären. Es können die Ernährung (häufig zu trocken), Stress, Genetik, Umweltgifte, bakterielle Toxine durch Infektionen im Körper (auch eventuell viral bedingt möglich), nichtinfektiöse Erkrankungen (z.B. Tumore, Leukose, Verwachsungen), selten auch Medikamente als Einflussfaktoren in Frage kommen.
Ebenfalls können Harnleitersteine zu vergrößerten Nieren führen, auch aufgestiegene Blasenentzündungen, gegebenfalls auch Blasensteine in der Harnröhre, die zu einem Urinstau führen können. Auch kann ein Herzproblem die Nieren erkranken lassen. Bei weiblichen Meerschweinchen kann es unserer Erfahrung nach sein, dass, wenn sie Eierstockzysten haben und hormonelle Probleme vorliegen, die Nieren sich auch deswegen vergrößern können.
Man sollte daher immer auch nach einer Ursache für die vergrößerten Nieren suchen und diese behandeln, falls möglich (zum Beispiel Entzündungen behandeln, den Harnleiterstein oder den Blasenstein operativ entfernen lassen, die Eierstockzysten behandeln).
Harngries ist ein häufiges Problem bei Meerschweinchen. Dieser entsteht am häufigsten durch Entzündungen in den Harnwegen oder eine zu trockene Ernährung. Der Gries setzt sich aber in der Regel nicht in den Nieren ab und Probleme mit verkalkten Nieren oder Steinen in Nieren und Harnleitern sind selten und nicht unbedingt auf Ernährung und Haltung zurückzuführen, sondern entstehen meist durch Entzündungen oder andere Krankheiten der Nieren an sich.
Dennoch sollte man, tritt sowas auf, nach Ursachen forschen.
Ebenfalls kann Harngries, der sich zu Steinen geklumpt hat, in Harnleitern, Blase oder Harnröhre zu einem Urinstau führen, was dann die Nieren belastet oder versagen lassen kann.
Hier gibt es mehr Infos zum Thema Harngries beim Meerschweinchen.
Diagnostik bei Verdacht auf eine Nierenerkrankung
Erste Hinweise auf Erkrankungen der Harnwege kann (aber muss nicht) ein Urintest geben. Man kann den Urin von Meerschweinchen mittels Combur-Teststreifen sehr einfach und für die Tiere stressfrei zuhause selbst testen – eine Anleitung dazu findet sich hier. So kann man dann schon Hinweise sammeln, ob das Meerschweinchen vielleicht Blut im Urin und eine Blasen- oder Nierenentzündung hat, was zusätzlich zu einer Nierenerkrankung vorliegen kann oder aber auch fälschlicherweise für eine andere Nierenerkrankung gehalten werden kann. Der Urintest kann aber trotz Nierenerkrankung völlig unauffällig sein.
Ansonsten sind bildgebende Verfahren wichtig: Nieren sind im Röntgenbild nicht oder nur wenig zu beurteilen, besser geeignet ist ein Ultraschall.
Zur Prüfung auf Harnleitersteine oder Blasensteine sind jedoch Röntgenbilder sinnvoll, da sie im Ultraschall oft versteckt sind. Der Ultraschall kann Steine, die tiefer im Becken liegen, nicht gut identifizieren und Steine am Ende der Harnröhre sind ggf. auch nicht immer zu tasten. Daher sollte bei Röntgenbildern auch immer komplett der ganze Körper abgebildet sein, um die Harnröhre bis zum Ende auf Steine prüfen zu können.
Der Ultraschall kann auch Tumore an oder in der Nähe der Nieren darstellen. Lediglich Verwachsungen (die z.B. nach Operationen entstehen und die Nieren anwachsen und sie dadurch schädigen können, was auch schmerzhaft ist) kann man leider im Ultraschall nicht zuverlässig sehen und auch im CT oder MRT nicht.
Dies sind die Röntgenbilder einer 6 Jahre alten Meerschweinchendame, die Nierenversagen durch einen Harnröhrenstein (blauer Kreis) bekommen hat. Die Nieren sind mit orangenen Kreisen gekennzeichnet - man sieht sie selten gut oder überhaupt auf Röntgenbildern. Die Schweine-Oma ist leider an dieser Erkrankung verstorben.
Eine Blutuntersuchung bei Verdacht auf Nierenprobleme macht unserer Erfahrung beim Meerschweinchen oft wenig Sinn, da die Nierenwerte in der Regel erst erhöht sind, wenn die Nieren schon stark geschädigt sind bzw. die Nierenwerte auch durch Infektionen höher sein können. Der Ultraschall hilft, Nierenerkrankungen früher zu erkennen. Im Zweifel kann es aber Sinn machen, die Werte Harnstoff und Kreatinin im Blut bestimmen zu lassen.
Das Aussehen der Nieren im Ultraschall kann bei einer Nierenerkrankung deutlich verändert sein: es gibt Verkalkungen der Nieren, Nierenzysten, veränderte Nierenrinde etc.
Jedoch können Nieren auch bei völlig unauffälligem Aussehen im Ultraschall krank sein – dies zeigt sich dann meist nur an ihrer Größe. Daher ist ein Ausmessen der Nieren im Ultraschall so unerlässlich, auch, um Vergleichswerte für später zu haben.
Es gibt keine sicheren Referenzen für die Nierengröße bei Meerschweinchen, da die Nierengröße von einigen Faktoren, wie z.B. von der Größe des Tieres an sich abhängig sein kann. Die Nieren können gegebenenfalls im Alter auch etwas größer werden, ohne dass es zu Problemen kommen muss. Zudem kann es durch den Ultraschall an sich auch eine gewisse Ungenauigkeit in der Messung geben. Daher ist es dazu auch immer wichtig, auch entsprechend oben aufgeführte Symptome von Nierenerkrankungen zu achten.
Aussehen einer Niere im Ultraschall dargestellt
Kranke Niere mit Nierenzysten (dunkle runde Flächen) und Verkalkungen im Ultraschall
Es kann also sein, die Nieren sind einfach nur ein bisschen größer, ohne dass eine Erkrankung der Nieren vorliegt.
Die normale Nierengröße bei Meerschweinchen liegt bei normal großen Meerschweinchen (also keine Cuys oder Cuy-Mixe) laut Studien und unseren Erfahrungswerten im Bereich einer Länge von ca. 1,4-2,5 cm. Ab circa 2,5 cm Länge kann man davon ausgehen, dass ein Nieren-Problem vorliegen könnte. Hat ein Meerschweinchen jedoch normal 1,5 cm lange Nieren und durch eine Erkrankung vergrößern sich diese auf 2,3 cm Länge, so sind die Nieren zwar noch im normalen Rahmen, es gibt dennoch durch die Größe einen Hinweis auf einen krankhaften Prozess. Daher sind eben Vergleichswerte früherer Messungen der Nierengröße eines Tieres in solchen Fällen immer hilfreich; dazu ist es wie erwähnt wichtig, auch auf die Symptome zu achten und nicht nur auf die Nierengröße.
(Eine wissenschaftliche Untersuchung zu unter anderem der Nierengröße bei Meerschweinchen stellt diese Doktorarbeit dar: „Dopplersonographische Untersuchung der Nieren beim Meerschweinchen (Cavia aperea f. porcellus, L. 1758)“ https://edoc.ub.uni-muenchen.de/14290/1/Holder_Franziska_H.pdf )
Ein Beispielfall zur Nierengrösse: ein männliches kastriertes Meerschweinchen hatte einen Harnleiterstein, der zu einer Vergrösserung beider Nieren geführt hat. Die Nieren hatten dann eine Länge von ca. 2,7 cm und waren nach der Operation zum Entfernen des Harnleitersteins nach ein paar Wochen wieder bei einer Länge von ca. 1,4 cm.
Ausmessen der Länge der Niere auf einem Ultraschallbild mit der Software ImageJ (nach Kalibrierung auf cm)
Orangene Linie: ungefährer Verlauf des Harnleiters, der von den Nieren in die Harnblase (ungefähre Position: heller Kreis) verläuft
Die folgenden Röntgenbilder zeigen Harnleitersteine:
Die oberen Aufnahmen sind Bilder von einem Meerschweinchen, bei dem der Stein sich mit der Zeit vergrössert hatte und operativ entfernt werden konnte. Dies ist keine einfache OP und man sollte nach einem diesbezüglich erfahrenen Tierarzt Ausschau halten - ist das Meerschweinchen noch in gesundheitlich gutem Zustand und hat der Tierarzt ein gutes OP-Vorgehen, so kann das Meerschweinchen solch eine OP mit noch ein wenig Glück zusätzlich gut überstehen.
Die unteren zwei Bilder zeigen Konkremente (das ist fester Gries in kleinen Klumpen, aber noch keine Steine) in der Harnröhre, die mit Flüssigkeit über die Nahrung bzw. Infusionstherapie unter Schmerzmittel und Antibiotika zum Glück vom Körper alleine ausgespült werden konnten.
Leider haben viele Tierärzte immer noch nicht das Augenmerk auf der Nierengröße, sondern schauen meist nur, wie die Niere morphologisch aussieht und erkennen Veränderung der Größe daher oft nicht, wenn nicht noch andere auffällige Probleme mit den Nieren vorliegen. Deswegen muss man als die Halter da einfach immer nachfragen und darauf achten, dass die Nieren ausgemessen und mit den richtigen Referenzen verglichen werden.
Man kann auch mit einer frei im Internet erhältlichen Software namens ImageJ und einem entsprechenden Plugin die Nierengröße nachträglich anhand der Ultraschallbilder ausmessen, sofern dies nicht beim Tierarzt gemacht wurde. Es ist dabei wichtig, den Maßstab zu kalibrieren. Bei Interesse schreibt gerne eine Nachricht, dann erkläre ich euch, wie dies funktioniert.
Ein CT könnte weitere Aussagen treffen, wie es um die Nieren steht, es ist jedoch schwierig (aber nicht unmöglich) ohne Narkose verwacklungsfrei anzufertigen und meist – dies kann, trotz aller Liebe zum Tier, heutzutage ein wichtiger Kontra-Faktor für ein CT sein – sehr teuer. Dennoch kann es hilfreich bei der Diagnostik sein im Zweifel.
Leider haben wir generell bei Nierenerkrankungen auch nur begrenzte therapeutische Möglichkeiten, um die Meerschweinchen zu behandeln und meist macht ein CT daher keinen Unterschied in Bezug auf das therapeutische Vorgehen bzw. die Behandlung der Tiere.
(Die seltene Auffälligkeit „medullary rim sign“ kann, muss aber keine krankhafte Veränderung der Nieren beim Meerschweinchen darstellen.)
Hier gibt es nun mehr Infos zu
Behandlung und Krankheitsverlauf
bei Nierenerkrankungen beim Meerschweinchen