*DANKE an alle, die sich in der Tierschutzarbeit
für das Wohl von vernachlässigten Tieren einsetzen*
Gedanken zu Lina
Lina ist herzkrank. Und Lina hat schon viel Schlimmes erlebt, in ihrem noch nicht so langem Leben...
Daher gilt Lina häufig meine Fürsorge, meine Liebe, meine Aufmerksamkeit.
Eben habe ich also Linas Atmung beobachten wollen, das Licht in der Schweinchen-Ecke angemacht und mich neben das Hüttli gehockt, in dem Lina lag, um die Atemfrequenz und die Atem-Bewegungen über Linas Bauch sehen zu können.
Lina lag ruhend vorne am Aussengitter des Hüttlis und natürlich entging ihr aber nicht, dass ich da in der Nähe war. Sie richtete sich auf, sah mich ruhig und erwartungsvoll an und drückte die Nase an das Gitter.
Ich weiss, dass sie dann gerne meine Hände prüfen möchte und hielt sie ihr hin. Da sie durch das Gitter nicht gut an meinen Händen schnüffeln kann, öffnete ich den Deckel des Hüttlis und hielt ihr meine Hand hinein, damit sie sie scannen kann.
Lina kennt das ja schon und hat somit keine Angst. Sie reckte sofort neugierig den Hals und schnüffelte behutsam (niemals würde sie mich beissen oder grob zu mir werden in einer solchen Situation) sofort intensiv überall an meiner Hand. Dies war ihr schon immer ein Bedürfnis, seit sie vor 1,5 Jahren zu uns kam.
Schon zu Beginn bei uns kam sie frei auf der Wiese zu mir getrabt und wollte dann unbedingt meine Hände prüfen. Warum auch immer, so ist dies oft sehr wichtig für sie und ich achte darauf, dass sie diese Gelegenheiten dann auch bekommt (im Alltag in Hektik geht dies leider manchmal unter, das sollte so nicht sein).
Während sie eben so mit Sorgfalt, Vorsicht und Sanftheit an meiner Hand schnüffelte, sah sie mich etwas zurückhaltend-vorsichtig mit ihren grossen Augen an.
Sie wusste ja nicht, warum ich zum Gehege gekommen war:
Will ich Futter oder Leckerchen verteilen?
Will ich misten?
Will ich sie rausnehmen, um ihr eklige Medikamente zu geben? Oder um sie zum Tierarzt zu bringen?
Oder oder...
Ich sah ihre Frage und ihre Unsicherheit in ihren Augen und sagte: "Ich möchte euch nur sehen. Ich kann auch auch gleich noch einen Leckerbissen geben!"
Damit war sie beruhigt. In diesem Moment wollte sie nur wissen, worauf sie sich jetzt gerade einzustellen hat.
Dies war schon immer wichtig für Lina, ist es sicher für jedes Tier (Mensch inklusive ;) ).
Lina jedoch zeigt es sehr deutlich (wenn man auf die Signale achtet, ansonsten fällt es vielleicht nicht auf) und wird mürrisch und unkooperativ, wenn man vergisst, ihr zu erklären, was jetzt geschehen wird.
Es ist ihre Art "Nein!" zu sagen, wenn sie nicht genau weiss, was passieren wird und Angst bekommt.
Das ist doch nachvollziehbar, nicht wahr?
Ich habe ihr daher immer mit Sorgfalt auf Augenhöhe erklärt, was geschehen wird und warum. Zum Teil sehr detailliert.
Ob sie diese Details verstehen und wirklich begreifen konnte, weiss ich nicht.
Aber am Ende ging es nicht um die tatsächlichen Details, sondern um Empathie, Herzensverbindung und eine Kommunikation auf Augenhöhe.
Unsere Tiere sind uns und unseren Entscheidungen völlig ausgeliefert. Wann immer möglich, versuche ich daher, ihnen Mitspracherecht einzuräumen, z.B. bei der Fütterung, so dass sie da die grösstmögliche Freiheit geniessen können, die bei mir in Gefangenschaft eben möglich ist.
Bei vielen Dingen kann ich ihnen leider nicht wirklich aktiv Mitspracherecht geben oder ich vergesse es schlicht auch einfach manchmal und vergesse, sie mit einzubeziehen - einfach, weil ich es so gewohnt war und mir diese Achtsamkeit erarbeiten musste, angeregt durch die Bedürfnisse meiner Tiere.
Bei Lina ging es ja unter anderem um Entscheidungen zu riskanten Operationen, die aber nötig schienen, um ihr Leben zu retten. Und um viele Untersuchungen beim Tierarzt oder um die Gabe von Herzmedikamenten und etc.
Es ist etwas anderes, wenn ein Meerschweinchen vor einem Grashaufen und gleichzeitig vor einem Bambusbusch sitzt und sich aktiv erst mal für eines von beidem entscheiden kann.
Bei einer OP-Entscheidung muss aber ich mich so entscheiden, wie ich denke, dass es für das Tier gut wäre und wie es das wohl gewollt hätte.
Ich versuche, solche Entscheidungen immer im Sinne und unter Einbezug dessen, was das Tier möchte, zu treffen. Dennoch muss ich selbst am Ende die Entscheidung für das Meerschweinchen festlegen.
Dementsprechend finde ich, haben sie verdient, wenigstens genau zu erfahren, was ich entschieden habe, warum ich diese Entscheidung so getroffen habe und was passieren wird.
Wo einige sich nicht mal vorstellen können, dass die Tiere all dies überhaupt begreifen können, habe ich erfahren und gelernt, dass Tiere viel mehr verstehen, als wir uns wohl vorstellen können und dass man mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren kann und auch sollte.
Das gibt ihnen das Gefühl, gesehen und ernst genommen zu werden und schenkt Sicherheit. Und für mich ist es anders herum genauso ein Geschenk und ermöglicht mir eine sehr tiefe Bindung und Beziehung zu meinen Tieren - sogar weit über die Ferne.
Ich möchte dies nicht mehr missen, so sehr bereichernd für mein Leben ist diese Art der Kommunikation mit meinen Tieren.
Man muss sich nur drauf einlassen und den Tieren auf Augenhöhe begegnen.
Was anderes, als ein Geschenk für beide Seiten, kann nicht dabei herauskommen :)
Lina ist ein Wesen wie ich - mit Bedürfnissen, Gefühlen, Wünschen, Sorgen, Ängsten. Wir sind anderer Art, aber doch so ähnlich und in vielen Dingen ganz und gar gleich.
Unsere Herzen können in einem Takt schlagen und wir können uns berühren - sogar ohne uns physisch zu berühren.
Indem ich auf Lina eingehe, so gut ich kann, zeige ich ihr, dass ich sie mit diesen Eigenschaften sehe, sie schätze und ernst nehme und sie nicht wie ein Ding behandle, über welches ich herrsche und mit dem ich tun und lassen kann, wie es mir beliebt.
Ich zeige ihr so auch, dass sie mir wichtig ist und ich kann ihr die Angst nehmen und Sicherheit schenken - wenngleich nicht immer komplett, aber doch so viel besser, als wenn ich gar nicht auf sie eingehen würde.
Eben, nachdem ich erklärte, warum ich zu ihr gekommen bin, entspannte sich Linas Blick dann und sie konzentrierte sich ganz auf die Untersuchung meiner Hände.
Voller Sorgfalt nahm sie den Geruch auf und analysierte ihn und untersuchte mit vorsichtigen, für mich kaum spürbaren Streichbewegungen ihrer Lippen und Nase meine Fingernägel, Finger, Handinnenseite und Handrücken.
Sie kam wohl zu dem Ergebnis: Nein, diese Hände haben leider nicht gerade zuvor Gurke geschnitten...
Und bewertete meine Hand als "nicht von aktuellem Interesse.".
Dann geht das ganz schnell und die Prüfung meiner Hand ist beendet.
Lina legte sich wieder hin und blickte mich mit einem "wolltest du nicht noch ein Leckerchen holen?" Gesichtchen an.
Ich meine wirklich, dass man ihre Blicke so fein unterscheiden und ihnen eine Intention beimessen kann - und ich habe in all den Jahren nur zu gut gelernt, eine Essensbestellung eines Meerschweinchens zu erkennen und niemals zu übergehen, das kommt dann gar nicht gut an ;)
Auch wenn die Tiere eine andere Sprache als ich sprechen - so ist es dann eben meine Aufgabe, ihre Sprache zu lernen, um alles so gut wie möglich zu ihrem Wohl gestalten zu können.
Während ich dann also den getrockneten Grünhafer holte, der jetzt das Leckerchen sein sollte, dachte ich darüber nach, wie feinfühlig, sensibel, sanft, liebevoll, bedürftig (nach Achtsamkeit und Aufmerksamkeit mit ihr) meine kleine Lina doch ist.
Und wie sie psychisch zerbrechen könnte, wenn sie nicht ebenso feinfühlig und sanft und liebevoll behandelt würde.
Ich stellte mir vor, wie sie nicht beachtet würde, nicht gut genug versorgt oder grob behandelt würde - und mir brach das Herz.
Denn wie viele solcher wunderbaren, feinfühligen Wesen jeglicher Arten sitzen überall auf der Welt an düsteren Orten, wo man sie nicht (be)achtet, grob und grausam zu ihnen ist - auf verschiedene Weisen?
Meine Lina habe ich bei mir und kann sie sehen und (be)achten, so gut ich kann. Und so auch - so weit es mir möglich ist - schützen.
Vor allem, nachdem sie das Gegenteil schon erlebt und so viel Schweres überstanden hat und so für und um ihr Leben kämpfen musste, werde ich alles tun, dass ihr nie wieder etwas Schlimmes geschieht und niemals wieder jemand sie mit Unachtsamkeit und Grobheit behandelt.
Aber was ist mit diesen Tieren da draussen, die niemanden haben, der nach ihnen sieht und der sie schützt und der dafür sorgt, dass es ihnen gut geht?
(Von den vielen Menschen, die es nicht gut haben und unter widrigen Bedingen auf dieser Welt um ihr psychisches und physisches Überleben kämpfen müssen, ganz zu schweigen... aber das ist ein anderes Thema.)
Ich habe in meinem Leben schon in so viele Tieraugen gesehen, aus denen der Lebenswille gewichen war, weil sie durch Härte und Grausamkeit gebrochen wurden...
Aber ich habe auch in viele Tieraugen gesehen, in denen der Lebensfunke neu entfacht werden konnte!
In Augen, in denen man nach tiefer Traurigkeit und Selbstaufgabe plötzlich wieder Freude sehen konnte - und neuen Lebensmut!
Denn die Macht der wahren Liebe und umsichtigen Fürsorge kann heilen.
Auch schlimme Dinge und auch tiefe Wunden.
Zwar können diese nicht ungeschehen gemacht werden und die Erinnerungen und Narben bleiben, aber es können neue Zeiten anbrechen und die Tiere aus der schrecklichen Vergangenheit heraus in die nun wunderbare Gegenwart gebracht werden, wo Liebe, Sicherheit und Freude auf sie warten.
Und sei es nur für eine kurze Zeit, bevor diese Tiere dann aufgrund der vorherigen Vernachlässigung oder Misshandlung sterben - dies ist viel mehr als nichts und schenkt ihnen vermutlich so viel mehr, als wir uns vielleicht gar nicht vorstellen können.
Jede Sekunde, die ein Lebewesen liebevolle Aufmerksamkeit fühlt, zählt.
Es gibt zum Glück Menschen, die sich für diese vernachlässigten Tiere einsetzen und ihnen ein neues, nun schönes Leben schenken.
Leider kann ich nur passiv helfen und im kleinen Rahmen bisher.
Aber jede Hilfe zählt, jede diese Tierschutzarbeit fördernde passive oder aktive Tat ist hilfreich! Wenn jeder tut, was er im Rahmen seiner Möglichkeiten kann, dann können wir zusammen unheimlich viel Gutes bewirken!
Tierschutzarbeit ist jedoch oftmals unglaublich schwer, es brechen Tierschützer-Herzen jeden Tag und sie bringt diese Menschen weit über die Grenze ihrer finanziellen, mentalen und körperlichen Belastbarkeit.
Und dennoch machen sie weiter und weiter und weiter.
Zum Wohle der Tiere und auch zum Wohle der Menschen - für eine bessere Welt.
Hut ab - und DANKE an alle, die sich tagtäglich für Tierseelen einsetzen, auf die keiner sonst achtet.
In Gedenken an unsere
wundervolle Notmeerschweinchen-Dame Lina ("Georgia Pheline" - 2018 bis 2022)