Allgemeine Diagnostik beim Meerschweinchen
Da ein Abtasten von Meerschweinchen nichts zuverlässig über die inneren Organe aussagt und man auch durch Abhören nicht zuverlässig den Zustand von Lunge und Herz beurteilen kann, muss immer bei einer Erkrankung weiterführende Diagnostik betrieben werden.
In den Kategorien auf dieser Website findet ihr bei den Texten zu den Krankheiten immer noch detailliertere Infos, welche Diagnostik bei der entsprechenden Krankheit Sinn macht.
Dieser Text hier soll allgemein Infos zu den beim Meerschweinchen möglichen diagnostischen Verfahren bieten und unsere Erfahrungen damit schildern.
Für uns sind die wichtigsten diagnostischen Verfahren beim Meerschweinchen daher: Urincheck, Röntgen, Ultraschall
Je nach Symptomen bzw. Erkrankung machen diese diagnostischen Verfahren Sinn und oftmals auch in Kombination und in Ergänzung mit anderen Diagnostik-Möglichkeiten, um mehr Infos über den Körper des Meerschweinchens zu erhalten.
Urincheck
Eine Urinuntersuchung kann z.B. helfen, Blasenentzündungen, Gebärmuttererkrankungen und Diabetes zu diagnostizieren.
Beim Tierarzt wird der Urin mittels Teststreifen getestet und/oder unter dem Mikroskop angeschaut, wobei letzteres meistens noch mehr Hinweise liefert.
Zudem kann der Tierarzt den Urin einschicken für weitere Laboruntersuchungen wie z.B. Urinanalyse und ein Antibiogramm (Bild rechts).
Man kann den Urin von Meerschweinchen auch selbst mit einem Teststreifen zuhause testen. Das ist für die Meerschweinchen stressfrei und bleibt oft sogar von ihnen unbemerkt. Zudem kann man dann schon wertvolle Hinweise erhalten auf die Erkrankung eines Meerschweinchens und auch Erkrankungen viel früher erkennen. Meerschweinchen zeigen leider oft nicht, dass sie Schmerzen haben und so können sie viele Krankheiten lange verschleppen.
Über den Urintest kann man so früher Hinweise über eine mögliche Erkrankung des Meerschweinchens erhalten und diese Krankheiten dann auch zeitnaher behandeln, bevor es dem Tier richtig schlecht geht. Dies kann auch die Heilungs- und Überlebenschancen des erkrankten Meerschweinchens verbessern.
Daher raten wir jedem Meerschweinchen-Halter sogar, den Urin seiner Meerschweinchen regelmäßig (z.B. einmal im Monat) zu testen.
Tipps zum Urin selbst testen findet ihr hier.
Röntgen
Röntgenbilder machen fast immer Sinn, um einen Überblick über Herz, Atemwege, Magen und Darm, Harnwege, weitere innere Organe und das Knochengerüst zu erhalten. Es sind immer (!) zwei Aufnahmen nötig, sonst kann man keinen ausreichenden Überblick gewinnen, weil man nur die Hälfte beurteilen kann.
Es sind daher immer eine Aufnahme des Körpers von oben und eine weitere von der Seite nötig. (Man röntgt Meerschweinchen heutzutage nicht mehr auf dem Rücken, dies ist unnötige Qual für die Tiere.)
Macht am besten vor Ort beim Tierarzt immer gleich Fotos von den Röntgenbildern und lasst sie euch zusätzlich per Mail zuschicken, wegen der dann besseren Qualität. Gerade in Notfällen, wenn man zu anderen Tierärzten muss oder auch wegen des Einholens von weiteren Meinungen im Zweifel ist es sehr wichtig, die Bilder dann zeigen zu können.
Diese zwei Röntgenbilder zeigen ein Meerschweinchen in richtiger Lagerung beim Röntgen und geben grob die Lage verschiedener Organe an. Bei dem Röntgenbild, welches von oben angefertigt wird, ist auf die Angabe der Seite (rechts/links) zu achten. Diese Bilder sind in der Regel spiegelverkehrt.
Hier sieht man, wie die Wirbelsäule auf dem unteren Bild den in rot markierten Blasenstein fast verdeckt. Bei einem weniger röntgendichten Stein (so einer ist dann nicht ganz so weiß dargestellt) hätte man ihn vielleicht gar nicht gesehen. Daher sind immer zwei Röntgenbilder aus verschiedenen Ebenen nötig, um die Bilder Dank der verschiedenen Perspektiven besser beurteilen zu können.
Das Meerschweinchen muss für Röntgenbilder unbedingt richtig gelagert werden. Nicht immer ist dies so einfach, da die Tiere sich – wenn sie sich nicht in Narkose befinden – natürlich wehren und bewegen. Dennoch sollten die Meerschweinchen immerhin richtig gelagert werden und ist ein Bild unscharf geworden, so muss es neu angefertigt werden, da es sonst nicht zur Diagnostik taugt, weil man die Strukturen nicht richtig erkennen kann.
Dies betrifft auch die richtige Lagerung der Meerschweinchen: sind sie nicht richtig positioniert für die Röntgenbilder, kann man teilweise Strukturen nicht richtig erkennen und überhaupt nicht ausreichend beurteilen.
Dies sind qualitativ hochwertige Röntgenbilder eines Meerschweinchens mit richtiger Lagerung.
Es gibt Tierärzte, die z.B. auf den seitlichen Aufnahmen leider die Vorderbeine der Meerschweinchen nicht nach vorne strecken und dann verdecken die Vorderbeine Bereiche von Lunge und Herz, die dann nicht mehr zu beurteilen sind. Solche Bilder sind häufig wertlos – das Geld ist meist vergeudet. Auch die Hinterbeine müssen etwas nach hinten gelagert und dort fixiert werden, damit sie nichts verdecken.
Bei den Aufnahmen von oben sollten die Meerschweinchen nur im Sonderfall einfach auf die Röntgenplatte gesetzt werden. Dies kann eine Option sein, wenn die Meerschweinchen nicht in gutem gesundheitlichen Zustand sind oder sehr scheu und gestresst und nicht gut zu händeln sind oder wenn sie starke Schmerzen an den Knochen haben. Ansonsten sollten sie auch bei dieser Aufnahme so gelagert werden, dass Vorderbeine nach vorne und Hinterbeine nach hinten genommen werden.
Die folgenden Röntgenbilder zeigen Beispiele für Röntgenbilder mit nicht guter Qualität oder mit unzureichender Lagerung der Meerschweinchen:
Auf diesen Bildern kann das Herz nicht richtig beurteilt werden, da die Beine dieses zum Teil überdecken.
Hier hat man das Meerschweinchen einfach auf den Röntgentisch gesetzt. Um mehr Infos über Darm und Co. zu erhalten, hätte es gestreckt gelagert werden müssen. So nun sitzt das Tier sehr gestaucht, es überdecken sich die Organe teilweise und sind nicht zu unterscheiden.
Dies sind qualitativ minderwertige Röntgenbilder. Sie sind zu körnig, nicht gut belichtet und zu unscharf, als dass darauf Details zuverlässig erkannt werden können.
Diese Röntgenbilder sind durch die Bewegung des Meerschweinchens verwackelt. Zudem sind die Tiere nicht richtig gelagert worden. In solchen Fällen ist keine zuverlässige Interpretation des Röntgenbildes möglich.
Es empfiehlt sich in der Regel, den kompletten Körper auf den Röntgenbildern als eine Übersichtsaufnahme aufzunehmen: die Atemwege vorne sollten zu sehen sein und der Körper bis zum Ende der Harnröhre. Nur so kann man sich einen ausreichenden Überblick verschaffen.
Selten haben z.B. Meerschweinchen keine eindeutig einer Krankheit zuzuordnenden Symptome und daher sollte man anfangs immer alles aufnehmen. Es ist z.B. schon vorgekommen, dass ein Meerschweinchen Atemprobleme durch eine Magenaufgasung bekommen hatte, die ausgelöst wurde durch Schmerzen durch einen Blasenstein am Ende der Harnröhre. Das Ende der Harnröhre war auf den Bildern aber nicht abgelichtet, weil der Tierarzt nur Lunge und Magen auf den Bildern anschauen wollte und diese in den Fokus genommen hatte. So hat das Meerschweinchen länger als nötig leiden müssen, bis der Stein gefunden und entfernt wurde. Im Extremfall kann so eine unzureichende Diagnostik dem Tier das Leben kosten. Dabei sollten immer erst solche Übersichtsaufnahmen angefertigt werden, bevor z.B. der Fokus nur auf die Lunge gerichtet wird, was Sinn machen kann, um diese genauer abzulichten und zu untersuchen.
Röntgenbild mit Fokus auf der Lunge
Bei Verdacht auf Blockaden, Risse oder andere Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich kann dem Meerschweinchen in den Stunden vor dem Röntgen ein Kontrastmittel (Bariumsulfat) verabreicht werden. Dieses ist im Röntgen hell dargestellt und zeigt an, wie die Nahrung den Magen-Darm-Trakt passagiert. Gibt es eine Blockade im Darm (z.B. durch einen Tumor), so wird es sich nicht oder nur wenig über diesen Punkt hinausbewegen. Ist der Magen rupturiert (angerissen), kann es sein, es befindet sich dann außerhalb des Magens aus diesem Grund. Natürlich muss dann immer für diese Erkrankung von Magen und Darm die Ursache gefunden werden, aber diese Untersuchung kann wichtige Hinweise liefern.
Die folgenden zwei Röntgenbilder sind nach Verabreichung des Röntgenkontrastmittels Bariumsulfat angefertigt worden.
Spezialfall: Dentalröntgen
Bei Zahnproblemen empfiehlt es sich, unter Narkose spezielle Dentalröntgenbilder in mehreren Ebenen bei einem auf Nager spezialisierten Tierarzt anfertigen zu lassen. Dies ist immer (!) bei auftretenden Zahnproblemen wichtig, um herauszufinden, woher die Probleme kommen und wie genau die Zähne geschliffen werden müssen. Eine Zahnbehandlung (diese darf nur mit Schleifinstrumenten geschehen, kein Knipsen der Zähne!) geht nur in Narkose. Auch Dentalröntgenbilder müssen in Narkose angefertigt werden, da für diese Röntgenbilder eine spezielle Lagerung nötig ist, die im Wachzustand nicht möglich ist. Mehr Infos zu Zahnerkrankungen beim Meerschweinchen gibt es hier.
Wenn die Dentalröntgenbilder nicht ausreichen, um die Situation zu beurteilen oder das Meerschweinchen mehrere oder größere „Baustellen“ im Kiefer hat, sollte ein CT oder eine 3D Röntgen (DVT)- Aufnahme angefertigt werden.
Röntgenbilder stellen Knochen und mineralische Strukturen (Verkalkungen, Harnsteine etc.) stark hell/weiß dar, zudem Flüssigkeiten (Blut, Eiter, Lymphe, Wasser, Schleim) und auch dichte Gewebestrukturen in unterschiedlichen Abstufungen in Weiß. Luft ist dunkel dargestellt.
Wenn man davon spricht, dass etwas im Röntgen „verschattet“ ist, so meint man einen hellen Schatten und keinen dunklen, also, dass etwas sich im Röntgenbild „weiß“ zeigt.
Dies sind Dental-Röntgenbilder. Die vom Tierarzt auf dem unteren Bild eingezeichneten Linien eignen sich, um die Position der Zähne im Kiefer zu bestimmen. Dies hilft, zu erkennen, ob die Zähne retrograd verlagert sind und wie sie geschliffen werden müssen, wenn dies nötig ist.
Ultraschall / Sonographie
Im Ultraschall lassen sich Weichteil-Gewebe/Organe untersuchen, die man mittels Röntgenbilder nicht oder nicht ausreichend untersuchen kann. Ein Ultraschall macht z.B. Sinn bei Verdacht auf Erkrankungen an Gebärmutter und Eierstöcken, Leber und Milz, Nieren und Blase, Darm und Bauchfell. Leider kann man manche Organe nur bedingt damit beurteilen, z.B. den Magen und auch kann man tiefer im Becken befindliche Harnsteine (z.B. in der Harnröhre) damit nicht darstellen, da der Ultraschall nicht so tief in das Becken reicht.
Lasst euch die Ergebnisse (einen Bericht und die Ultraschallbilder) am besten immer per Mail zukommen. Sie können später zum Vergleich bei anderen Erkrankungen und auch für das Einholen weiterer Meinungen oder für Notfall-Besuche bei anderen Tierärzten wichtig sein.
Für den Ultraschall muss das Meerschweinchen häufig geschoren werden an den Stellen am Körper, auf denen der Schallkopf aufgesetzt wird. Dies ist beim Abdomen-Ultraschall am Bauch (Bild 1) und beim Herzultraschall unter dem rechten Beinchen (Bild 2).
Meerschweinchen müssen beim Ultraschall nicht immer ganz flach auf dem Rücken liegen. Es ist für sie oft angenehmer, wenn sie in Sitzposition geschallt werden können. Der Halter kann sie entsprechend halten und manchmal kann man auch Polster zur Hilfe nutzen.
Im Ultraschall werden Luft und Flüssigkeiten dunkel dargestellt und Gewebe hell/weiß in verschiedenen Abstufungen. Dies sind Beispiele für Ultraschallbilder von Meerschweinchen: sie zeigen die Harnblase, eine Eierstockzyste (Ovarialzyste), die Leber.
Zwei weitere wichtige Tipps für eine Ultraschall-Untersuchung:
Man zahlt immer die Untersuchung an sich. Ein Ultraschall kostet nicht mehr, wenn mehr Organe untersucht werden. Möchte man z.B. nur die Gebärmutter und Eierstöcke sowie Harnwege des Meerschweinchens untersuchen, so kann man zur Sicherheit auch alle anderen Organe wie Leber, Milz etc. schallen lassen. Dies wird nicht teurer, da Meerschweinchen aber Krankheiten nicht immer deutlich zeigen und zu Tumoren in allen möglichen Organen neigen und Erkrankungen verschiedenster Organe auch zusammen hängen können, macht es Sinn, bei der Gelegenheit eines Ultraschalls alle Organe prüfen zu lassen.
Zudem sollten immer auch die Nieren ausgemessen werden. In der Größe veränderte Nieren sind meist das erste Anzeichen, dass die Nieren erkranken. Leider messen Tierärzte die Nieren in der Regel nicht aus. Man kann sie zur Not auch nachträglich am PC vermessen, aber viel einfacher ist es, wenn dies der Tierarzt gleich beim Ultraschall macht.
Hier sieht man eine ausgemessene Niere im Ultraschall - die Niere ist krank und viel zu groß für ein Meerschweinchen.
Ist das Meerschweinchen sehr aufgegast, so behindern diese Gase in Magen und Darm unter Umständen den Ultraschall und man kann Organe nicht sehen. Es kann daher Sinn machen, dem Meerschweinchen bereits 1-2 Tage vor dem Ultraschall prophylaktisch entgasende Mittel wie Simeticon und Colosan zu geben. (Dies sollte das Meerschweinchen bei Möglichkeit einer Aufgasung natürlich dennoch zusätzlich zu Schmerzmittel erhalten.)
Auch die Gabe des Röntgenkontrastmittels Bariumsulfat behindert den Ultraschall. Ein Röntgen mit diesem Kontrastmittel und ein Ultraschall können also nicht zeitnah zusammen erfolgen.
Leider stellt der Ultraschall generell nicht immer zuverlässig alles dar, so kann man nur immer Hinweise sammeln, aber keine Krankheiten ausschließen. Kleine Tumore oder chronische/leichte Gewebeveränderungen (z.B. manche Entzündungen im Gewebe), kleine Eierstockzysten (Follikelzysten), Fettgewebsnekrosen (nach einer Kastration) oder sogar mit Tumoren verwachsene Organe können im Ultraschall nicht immer so erkannt werden. Manchmal sieht man nur freie Flüssigkeit, was ein Hinweis auf eine Entzündung oder einen Tumor ist, die Entzündung und den Tumor kann man aber im Ultraschall selbst nicht erkennen. Dennoch ist dies dann ein wichtiger Hinweis.
Ergibt eine Ultraschall-Untersuchung kein eindeutiges Ergebnis, muss mit anderer Diagnostik wie Röntgen, Urincheck, selten auch Blutbild, versucht werden, mehr Infos über die Erkrankung zu erhalten. Ggf. muss man auch ein CT anfertigen lassen. Manchmal kann man dennoch nur eine Behandlung oder eine Operation auf gut Glück probieren, da all diese diagnostischen Verfahren dennoch nie zu 100% zuverlässig sind.
Spezialfall: Herzultraschall
Da man Herzprobleme und auch den Zustand der Lunge beim Meerschweinchen nicht zuverlässig durch Abhören bestimmen kann, sollten bei Atemproblemen Röntgenbilder angefertigt werden, um den Zustand von Lunge und Herz einschätzen zu können.
Bei Verdacht auf eine Herzerkrankung muss dann aber immer (!) ein Herzultraschall angefertigt werden bei einem Tierkardiologen, der Erfahrung mit Meerschweinchen in Bezug auf Herzultraschall und auch entsprechend ausgereifte Ultraschalltechnik besitzt.
Ein normaler Tierarzt hat in der Regel nicht die Möglichkeiten, einen Herzultraschall beim Meerschweinchen durchzuführen.
Nur im Herzultraschall kann man sehen, an was das Herz erkrankt ist oder ob überhaupt – im Röntgenbild kann ein Herz zu groß wirken, ohne, dass es erkrankt ist oder durch eine Erkrankung in der Nähe des Herzens (z.B. Lungenentzündung oder Pleuraerguss).
Nur durch einen Herzultraschall können so dann auch die richtigen Medikamente für eine Behandlung der Erkrankung gefunden werden. Eine Behandlung eines Herzproblems nur anhand von Röntgenbildern ist Dank der modernen Ultraschall-Technik heutzutage nicht mehr zeitgemäß und stellt für uns einen veterinärmedizinischen Kunstfehler dar, da man anhand von Röntgenbildern eben nur Mutmaßungen zum Herzen stellen, aber nichts sicher diagnostizieren kann. Meerschweinchen könnten so eventuell die falschen Medikamente erhalten, die sie vielleicht gar nicht brauchen oder die ihnen massiv schaden oder sie sogar töten könnten (z.B. Entwässerung bei einem Perikarderguss). Lediglich im Notfall, wenn die Möglichkeit zum Herzultraschall nicht zeitnah gegeben ist und es dem Meerschweinchen schlecht geht, so dass man keine Zeit verstreichen lassen kann für eine Behandlung, sollten Herzmedikamente und Entwässerung nach lediglich einer Röntgenuntersuchung verabreicht werden.
Dies sind Beispiele für Herzultraschallbilder: die ersten beiden Bilder sind mit Farbdoppler angefertigt (diese Technik stellt die Geschwindigkeit und Flussrichtung des Blutes in Gefäßen dar) und auf den unteren beiden Bildern werden wichtige Messpunkte des Herzens ausgemessen und dargestellt.
Dies sind Videos von Herzultraschall-Aufnahmen bei Meerschweinchen:
Meerschweinchendame Bluebelle, 5 Jahre, krankes Herz: https://youtu.be/cl9TjoRPzg8
Kastrat Cary, 7 Jahre, gesundes Herz: https://youtu.be/44giMfUq85I
Weitere diagnostische Verfahren
Zusätzlich zu den bisher erwähnten diagnostischen Verfahren können weitere Analysen je nach Erkrankung und Behandlungserfolg Sinn machen:
Blutbild
Im Gegensatz zu der bildgebenden Diagnostik haben die Erfahrungen in unserem Umfeld gezeigt, dass eine Blutabnahme zur Erstellung eines Blutbilds beim Meerschweinchen meistens keine hilfreichen Infos ergibt und daher oft sinnloser starker Stress für die Tiere ist (auch immer mit dem Risiko, dass sich die Stelle, an der Blut abgenommen wurde, entzünden kann).
Wir lassen ein Blutbild beim Meerschweinchen daher nur in Ausnahmefällen bei unklaren Erkrankungen (z.B. Verdacht auf akutes Nierenversagen), Verdacht auf Leukose oder auf eine Schilddrüsenerkrankung durchführen lassen sollte. Wir investieren das mittlerweile sehr viele Geld für eine Blutuntersuchung daher erst einmal lieber in diagnostische Verfahren, die zeitnah viel mehr Infos über die Ursache von Krankheitssymptomen beim Meerschweinchen liefern kann und somit für die richtige Therapie zur Behandlung einer Erkrankung viel hilfreicher ist.
Bei Meerschweinchen muss sich z.B. eine Entzündung nicht zuverlässig im Differentialblutbild zeigen, nicht mal eine starke Entzündung. Und selbst, wenn das Blutbild diesbezüglich auffällig sein sollte, so kennt man die Ursache der Entzündung dann immer noch nicht.
Auch Organwerte können erhöht sein, ohne, dass das Organ an sich erkrankt ist. So können bakterielle Toxine bei einer Infektion auch zu hohen Leberwerten führen, ohne, dass die Leber an sich ein Problem hat.
Meerschweinchen können unauffällige Blutwerte haben – und am nächsten Tag tot im Gehege liegen. Wiederum kann es sein, die Blutwerte sind zum Teil katastrophal und die Meerschweinchen erholen sich mit der Zeit.
Da die Interpretation der Blutbilder beim Meerschweinchen generell sehr schwierig ist und ein Blutbild bis auf die oben genannten Ausnahmen meist wenig Hinweise bringt, wie man dem Meerschweinchen nun therapeutisch helfen kann (also, wie man es am besten behandeln sollte), stehen für uns Röntgen, Ultraschall, Urincheck an erster Stelle der Diagnostik bei kranken Meerschweinchen.
Blutabnahmen gelingen beim Meerschweinchen am besten an der Vena saphena lateralis am Hinterbein. Ein Bild, wie dies in der Praxis aussieht, kann angeschaut werden, wenn auf den Pfeil rechts geklickt wird.
Beispiel für ein Blutbild eines herzkranken 3-jährigen weiblichen Meerschweinchens mit sehr kranken Nieren und Verdacht auf Leukose.
CT und 3D Röntgen (DVT)
Bei Verdacht auf Ohr-, Zahn- und Kieferprobleme können Zähne zusätzlich zum Dentalröntgen mit einem CT oder einem 3D Röntgenbild (DVT) untersucht werden. Dies ist in der Regel nur möglich und qualitativ ausreichend unter Narkose. Auch bei unklaren Beschwerden an Weichteilen/Organen oder Wirbelsäule machen diese diagnostischen Verfahren Sinn.
Dies ist ein CT-Bild eines Meerschweinchens mit einer Knochenschwellung hinter dem rechten Auge.
Diese Aufnahme zeigt ein 3D Röntgenbild (DVT) bei einem Menschen. Beim Meerschweinchen sind ähnliche Darstellungen möglich.
Endoskopie
Bei Verdacht auf Zahnprobleme oder Entzündungen im Maul-Rachen-Bereich kann der Tierarzt ein Endoskop einsetzen, um das Meerschweinchen sicher und ohne Narkose im Maul untersuchen zu können. Nicht jeder Tierarzt aber besitzt ein Endoskop und auch mit dem Endoskop kann es sein, dass man ohne eine Narkose im Maul Dinge übersieht. Dennoch kann so eine endoskopische Untersuchung des Mauls eine Hilfestellung in der Diagnostik sein und wertvolle Hinweise liefern.
Mit dem Endoskop können auch Bilder gemacht werden. Diese endoskopische Aufnahme zeigt das Maul eines Meerschweinchens, welches Wunden im Rachenbereich hat. Die Zähne sehen gut aus.
Untersuchungen von Augen
Bei Augenproblemen (Ausnahme einfache Hornhautverletzung oder Bindehautentzündung) sollte man einen spezialisierten Augentierarzt aufsuchen, der die richtigen diagnostischen Möglichkeiten für eine ausführliche Untersuchung der Augen besitzt.
Dieses Meerschweinchen hatte einen diabetischen Katarakt (grauen Star) und einen dadurch erhöhten Augeninnendruck. Daher wird es bei einem Augentierarzt mit speziellen Instrumenten zur Augen-Diagnostik untersucht.
Labordiagnostik von Abstrichen und Proben
Parasiten-Analysen:
Bei Problemen mit Parasiten (innerlich z.B. im Darm oder äußerlich auf der Haut) sollte man immer auch weiterführende Diagnostik betreiben, um herauszufinden, ob die Parasiten das Tier befallen konnten, da es durch eine andere Erkrankung geschwächt wurde. Dies ist häufig der Fall. Hierbei können Hautproben, Kotproben etc. in ein Labor für Analysen eingeschickt werden.
Antibiogramm:
Ein Antibiogramm (Beispielbild rechts) wird - wenn möglich - bei einer Infektion durch Einsenden eines Abstrichs oder einer Urinprobe angefertigt, um die Erreger und das passende Antibiotikum zu bestimmen. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Beispiel für die praktische Umsetzung eines Antibiogramms: Nährboden in einer Petrischale mit Bakterien-Kolonien (kleine weiße Punkte und weiße Flächen) und Antibiotika-Plättchen. Antibiotika auf Plättchen, um die sich ein Hemmhof (Fläche ohne Bakterien) zeigt, sind wirksam gegen die Bakterien.
Aromatogramm:
Ein Aromatogramm wird wie ein Antibiogramm angefertigt, allerdings nicht mit Antibiotika, sondern mit ätherischen Ölen. Dieses können dann verdünnt gegen die Infektion eingesetzt werden. Natürlich ist dies eher eine Option für äußere Wunden, als bei inneren Infektionen. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Dies ist ein Beispiel für ein Aromatogramm, welches mit Eiter aus dem Abszess eines Meerschweinchens angefertigt wurde.
Pathologische Untersuchungen:
Pathologische Untersuchungen von entnommenem Gewebe/Organe oder vom ganzen Tier – dies macht Sinn, wenn Organe bei Operationen entnommen werden und (dies macht zur Sicherheit eigentlich immer Sinn, ist aber eine Kostenfrage) weiter in Bezug auf Krankheitsursache oder mögliche infektiöse Erreger analysiert werden sollen. Der Tierarzt kann die Organe dann einschicken lassen und Tierpathologen untersuchen diese dann. Stirbt ein Meerschweinchen an unklaren Symptomen und möchte man dies genauer klären lassen oder ist eventuell die Gesundheit der anderen Meerschweinchen in Gefahr, kann man das Meerschweinchen ebenfalls zu einem Tierpathologen bringen oder einschicken lassen.
Dies ist ein Pathologie-Bericht von einer Gebärmutter, die nach der Kastration eines weiblichen Meerschweinchens in einem Labor untersucht wurde. Das Meerschweinchen hatte Blutungen aus der Scheide. Obwohl die Gebärmutter im Ultraschall und auch optisch völlig unauffällig aussah, war sie stark verändert und das Meerschweinchen sehr krank. Daher machen solche pathologischen Untersuchungen immer Sinn.
Probe-Operation
Manchmal bleibt leider nur die Option, ein Meerschweinchen auf gut Glück operieren zu lassen bei einem entsprechend spezialisierten Tierarzt. Die diagnostischen Verfahren geben in der Regel wertvolle Hinweise auf Erkrankungen, aber zeigen am Ende doch nicht 100% zuverlässig, wie es im Inneren des Tieres aussieht. Besteht der Verdacht auf eine Erkrankung im Bauchraum, die operiert werden könnte und sind andere Erkrankungen – soweit möglich – ausgeschlossen, kann man im Zweifel, um dem Meerschweinchen eine Chance zu bieten, so eine „explorative Operation“ durchführen. Sieht man dabei, dass das Meerschweinchen zu krank ist, dann sollte es erlöst werden, da es bei schweren Erkrankungen in der Regel auch starke Schmerzen hat und sowieso zeitnah sterben wird. Es wieder aufwachen zu lassen ist in so einem Fall nicht im Sinne des Tieres. Kann das Meerschweinchen jedoch operiert werden mit Chancen auf noch schöne, schmerzfreie Lebenszeit, so kann dies dann versucht werden.
Der Tierarzt wird die Situation in der Operation einschätzen und die Tierhalter dann diesbezüglich beraten können. Er kann aus der Operation anrufen, um das weitere Vorgehen mit den Tierhaltern zu besprechen, wenn zuvor nichts festgelegt wurde oder es unerwartete Entdeckungen gibt.
Wenn die Diagnostik nicht eindeutig ist
Die Diagnostik beim Menschen ist schon schwer – nicht mal beim Menschen kann man mit den ganzen möglichen Diagnostikverfahren zuverlässige Aussagen über den Zustand eines Organs treffen. Manche Krankheiten wie Tumore oder Entzündungen kann man nur in einer Operation erkennen – oder manchmal sogar erst, wenn das Organ mikroskopisch untersucht wird.
Beim Meerschweinchen sieht die Lage noch schwieriger aus: die diagnostischen Verfahren sind begrenzter und die Organe viel kleiner, dazu liegen in Bezug auf Krankheiten nicht so viel Wissen und Erfahrungen vor, wie beim Menschen.
Selbst mit den wichtigsten Diagnostik-Verfahren Röntgen, Ultraschall und Urincheck und eventuell weiterer ergänzender Diagnostik, kann es sein, es werden Krankheiten übersehen (Entzündungen, Tumore). Dies kann vorkommen, da sich manchmal Tumorgewebe nicht eindeutig von anderem, gesunden Gewebe eines Organs abgrenzen lässt oder eine Entzündung zwar sehr schmerzhaft und auch vergiftet sein kann, aber nicht genug das Gewebe verändert oder zu nicht genug freier Flüssigkeit führt, so dass man die Entzündung nicht als solche erkennen kann.
Dennoch sind all diese diagnostischen Verfahren sehr wichtig: sie können natürlich in vielen Fällen auch sehr eindeutig Erkrankungen zeigen und falls nicht, wichtige Hinweise liefern und auch zur Ausschlussdiagnostik beitragen.
Denn ist nichts eindeutig, bleibt somit manchmal nur die Option, die Meerschweinchen auf gut Glück zu behandeln nach allen Hinweisen, die man mit der Diagnostik erhalten hat und nach dem, worauf die Symptome hinweisen und was ausgeschlossen werden kann. Ein erfahrener Tierarzt, der viele praktischen Erfahrungen mit Meerschweinchen hat, sollte in der Lage sein, gut zu kombinieren, die Symptome im Gesamtzusammenhang zu interpretieren und die erfolgversprechendste und sinnvollste Behandlungsmethode vorzuschlagen.
Ganz wichtig ist unserer Erfahrung nach auch das Bauchgefühl bzw. die Intuition des Tierhalters: die Intuition hat in der Regel recht, selbst, wenn die Logik etwas anderes sagt. Daher ist man meist gut beraten, wenn man auf seine Intuition hört bei der Behandlung seiner Tiere - sofern die Intuition nicht durch Angst um das Tier verdeckt ist, was passieren kann, wenn man in Sorge ist. Wir fühlen immer nach, was sich für ein Vorgehen als „harmonisch und gut“ für uns anfühlt und mit welch einem Vorgehen wie „in die Ruhe“ kommen. Dies hilft uns auch in angstvollen Situationen sehr, die richtigen Entscheidungen zu treffen – und im Nachhinein sind wir eigentlich immer bestätigt worden, dass unsere Intuition richtig war und wir uns richtig entschieden hatten.
Falls ihr Beratung und Hilfe benötigt, welche Diagnostik bei den Problemen eures Meerschweinchens Sinn machen könnte oder bei der Interpretation der Röntgenbilder oder anderer Befunde, meldet euch gerne bei uns. Unsere Mailadresse findet ihr unter Kontakt.