Kastration / Ovariohysterektomie von weiblichen Meerschweinchen
Eine Kastration bei Meerschweinchen-Damen ist nötig, wenn ein Gebärmutterproblem vorliegt oder es Eierstockzysten gibt, die trotz hormoneller Behandlung weiterhin zu hormonellen Auffälligkeiten führen oder zu groß werden.
Bei einer Gebärmutterentzündung oder einem Tumor in der Gebärmutter gibt es keine Alternative, wenn das Meerschweinchen sonst gesund ist und keine weiteren großen körperlichen Baustellen hat oder sehr alt ist (7 Jahre aufwärts).
Bei Eierstockzysten können zuvor hormonelle Therapien probiert werden, wir empfehlen Chlormadinon. Mehr Infos dazu und auch Infos zu Alternativen, wenn die Meerschweinchen nicht mehr operiert werden können, gibt es hier in diesem Text.
Risikofaktoren: Wann kommt eine Kastration nicht mehr in Frage?
-> Kastration bei hohem Alter und anderen vorliegenden Erkrankungen
Im Grunde spricht kein Alter einer Meerschweinchen-Dame gegen die Kastration. Es kommt vielmehr auf den gesundheitlichen Zustand des Tieres an. In unserem Umfeld sind selbst 7-jährige Meerschweinchen-Damen noch erfolgreich kastriert worden, da sie keine anderen körperlichen Baustellen hatten und auch sonst noch sehr rüstig und fit zurecht waren. Hier sollte man aber auch immer individuell und nach Bauchgefühl entscheiden und in Hinblick auf die Lebenserwartung, die das Tier sowieso noch hat.
Bei kleineren gesundheitlichen Problemen spricht nichts gegen eine Kastration, handelt es sich allerdings um größere Baustellen wie massivere Zahnprobleme oder Herzprobleme, sollte die Entscheidung zur Kastration auch wieder gut überlegt sein. Kommen die Tiere mit ihren bisherigen Krankheiten gut zurecht und sind stabil, ist die Kastration dennoch eine Option.
Bei schweren Erkrankungen, bei denen die Lebenserwartung sowieso nicht mehr sehr hoch ist (z.B. bei manchen Herz-Erkrankungen -beispielsweise dilatative Kardiomyopathie -, bei sehr angegriffenen Nieren und Nierenversagen oder vermutlich bösartigen Tumoren an anderen Organen wie der Milz), sollte man die Kastration nicht mehr riskieren und den Meerschweinchen mit Medikamenten noch eine schöne Zeit bereiten.
Je nach Ursache der Gebärmutterprobleme können auch Symptome vorkommen, die mit anderen ebenfalls erkrankten Organen zusammenhängen und zum Ausschluss einer Kastration führen. Z.B. gibt es oft Herzprobleme durch ein Hämangiosarkom in der Milz, welches Gefäße befallen und auch gleichzeitig zu einem Tumor auch in Gebärmutter führen kann – dies ist dann leider das Todesurteil für ein Meerschweinchen und man kann nur mit Medikamenten (Antibiotika, Schmerzmittel, Cortison und Naturheilkunde) versuchen, dem Tier noch eine schöne Zeit zu bereiten. Mehr Infos zu solchen Erkrankungen der Milz gibt es hier.
Treten also ein Herz-Problem und/oder ein Tumor-Befund in der Leber/Milz und der Gebärmutter zusammen auf, sollte immer auch an sowas gedacht werden und dann ist von einer Kastration abzuraten.
Eine Kastration mit einem primären Herzproblem (welches also nicht durch einen Tumor in der Milz bedingt ist) kann jedoch - je nach Herzerkrankung und bei guter Einstellung des Herzens auf Herzmedikamente - bei sonst gutem Allgemeinbefinden dennoch möglich sein (sofern eben nicht mehr im Argen ist). In so einem Fall muss man nach gesundheitlicher Verfassung des Meerschweinchens, aber auch nach Bauchgefühl entscheiden, ob man die Operation wagen möchte.
Überlebenschancen bei einer Kastration
Früher war die Diagnostik beim Tierarzt mangels guter technischen Möglichkeiten noch ungenauer als heute. Zudem war das Wissen über Heimsäuger geringer verbreitet, vieles noch nicht erforscht und die OP-Techniken nicht so ausgereift wie heute. Auch heute gibt es allerdings noch viel Bedarf zur Verbesserung, was Diagnostik, OP-Verfahren etc. angeht. Dennoch war es früher daher hoch riskant, ein weibliches Meerschweinchen zu kastrieren.
Heutzutage sehen die Chancen durch verbessertes Narkose-Management, modernere OP-Techniken und mehr Wissen und Erfahrung in diesem Bereich schon besser aus.
Man sagt, pauschal steht die Überlebens-Prognose bei einer Kastration bei weiblichen Meerschweinchen bei 50:50. Je nach gesundheitlichem Zustand des Tieres und Erfahrung, Vorgehen und Geschick des Tierarztes können die Chancen besser oder schlechter aussehen - und ein bisschen Glück gehört auch dazu.
Kastrationsarten
Neben der „normalen“ Kastration, die sogenannte Ovariohysterektomie, bei der das Meerschweinchen über die Mittelnaht am Bauch operiert wird und bei der sowohl die Gebärmutter und die Eierstöcke entfernt werden, gibt es auch die Ovarektomie. Diese wird beim Meerschweinchen heutzutage häufig über die Flanken durchgeführt und dabei werden nur die Eierstöcke entfernt, aber nicht die Gebärmutter. Diese Operation wird oft als „Flanken-Kastration“ bezeichnet. Mittels des Zugangs über die Flanken könnte auch die Gebärmutter entfernt werden, dies ist aber komplexer als bei einer Operation über den Bauch und birgt Nachteile, da dieser Zugang keine gute Sicht auf die Organe im Bauch bietet. Daher wird die Operation über den Bauch bevorzugt, wenn die Gebärmutter ebenfalls entfernt werden soll.
Eine reine Entnahme von der Gebärmutter mit dem Belassen der Eierstöcke im Bauch der Meerschweinchen macht keinen Sinn, da die Eierstöcke meist Zysten haben, welche hormonell aktiv sind und zu gesundheitlichen Problemen führen können.
Selten wird eine Kastration gleichzeitig mit einer Splendektomie durchgeführt: dies ist die Entfernung der Milz. Eine solche Operation wird meist nicht geplant, sondern während der Kastration wird bemerkt, dass die Milz ebenfalls sehr krank ist und entfernt werden muss. Eine Entnahme von Milz und Gebärmutter gleichzeitig hat leider bisher keines der Meerschweinchen in unserem Umfeld überlebt. Die Erkrankung von Milz und Gebärmutter können auch zusammenhängen, dabei kann es sich z.B. um ein bösartiges Hämangiosarkom handeln, was ausgehend von der Milz auch Gefäße und andere Organe befällt. Die Meerschweinchen sind in solchen Fällen schwer krank und haben keine Aussichten mehr auf noch schöne Lebenszeit. Daher raten wir dazu, die Meerschweinchen in der Operation euthanasieren zu lassen, wenn sowohl Gebärmutter als auch Milz entfernt werden müssen. Die Entnahme nur der Milz bei jungen und sonst gesunden Meerschweinchen ist schon sehr riskant, kann in seltenen Fällen je nach Erkrankung der Milz aber erfolgreich sein. Mehr Infos dazu hier.
Vorbereitung, Verlauf und Nachsorge bei Kastrationen
-> Vorbereitung des Meerschweinchens vor der OP:
Wenn das Meerschweinchen nicht notoperiert werden muss, sollte und kann es in den Tagen und Stunden vor der Operation speziell unterstützt werden, um gut auf die Operation vorbereitet zu sein.
- Medikamente:
Das Meerschweinchen sollte in den Tagen vor der Operation schon Antibiotika erhalten, die Entzündungen im Gewebe reduzieren, so dass es besser operiert werden kann und später nach der Operation zu höherer Wahrscheinlichkeit nicht entzündet. Die Antibiotika führen auch durch zur Stabilisierung des Allgemeinbefinden des Meerschweinchens, da sie die Entzündung und somit bakteriellen Gifte im Meerschweinchen reduzieren und so auch zur Schmerzlinderung durch die rückgehende Entzündung beitragen.
ACHTUNG: wird bei der Narkose, die das Meerschweinchen dann für die Kastration erhält, der Wirkstoff Medetomidin eingesetzt (dies ist z.B. bei der „Triple-Narkose“ der Fall), darf das Meerschweinchen in den Tagne zuvor kein Antibiotikum mit den Wirkstoffen Trimethoprim und Sulfonamiden erhalten („Cotrimoxazol“, Präparatnamen: Cotrim, Eusaprim, Nopil, TSO-Tabletten, Borgal, Sulfatrim etc.), da dies eventuell zu gefährlichen Nebenwirkungen führen kann. Solche Antibiotika sollten dann zwei Tage vor der Operation abgesetzt werden.
Durch Antibiotika können Bakterien absterben, was in seltenen Fällen 24 Stunden nach Beginn der antibiotischen Therapie zu etwas Bauchschmerzen und Durchfall führen kann. Dem kann man mit Mitteln wie Heilerde, Huminsäure etc. dann entgegenwirken, Infos und Tipps dazu gibt es hier. Diese Reaktion kann passieren, muss aber nicht - dennoch ist es besser, die Meerschweinchen durchleben diese Phase bereits vor der Kastration und nicht nach der Kastration, wenn sie sowieso schon Bauchschmerzen durch die Operation an sich haben.
Ebenfalls sollten die Meerschweinchen in den Tagen und Stunden vor der Kastration mit ausreichend Schmerzmittel (Infos und Dosierungen hier) und Medikamenten gegen Aufgasungen (Colosan und Simeticon, Infos hier) versorgt werden. Gibt man in den Stunden vor der Kastration Colosan und Simeticon, haben die Tiere diese Mittel während der Kastration im Darm und sie können helfen, Aufgasungen als Folge der Operation entgegen zu wirken.
- Vitamine:
Vitamin B und C können helfen, dass das Meerschweinchen die Krankheit, Narkose und Operation besser übersteht. Mehr Infos zur Vitamin-Gabe beim Meerschweinchen stehen hier in diesem Text.
- Naturheilkunde:
auch mit einigen Dingen aus der Naturheilkunde kann man das Immunsystem der Meerschweinchen generell unterstützen, was auch vor und nach Operationen sinnvoll sein kann. Hier gibt es mehr Infos dazu.
Am Morgen vor der Operation kann man den Meerschweinchen Traumeel (Tabletten oder Injektionslösung oral gegeben) oder Arnica-Globuli (D6 oder D12) geben. Dies kann die Wundheilung nach der Kastration unterstützen.
Auch eine Unterstützung der Leber kann bei der Gabe von Medikamenten oder vor und nach Operationen immer sinnvoll sein. Mehr Infos dazu gibt es hier.
- Wärme:
Wärme kann nicht nur die Durchblutung und somit Organfunktionen fördern und schmerzbedingte Verspannungen lösen, sondern auch im Kampf gegen Infektionen helfen. Vor allem Rotlicht und Dunkelstrahler sind bei Meerschweinchen dazu geeignet. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Bereits in den Tagen vor einer Operation (und auch generell bei Krankheiten oder einfach so als Wellness-Angebot) kann solch eine Wärme gut tun.
- eventuell starken Hormon-Stress behandeln:
Wenn das Meerschweinchen verhaltensauffällig ist durch die hormonellen Probleme und somit vor einer Kastration sehr gestresst ist, kann man auch zeitnah vor der Kastration Chlormadinon verabreichen. Dies hilft meist zumindest ein wenig, die hormonellen Symptome zu beruhigen und das Meerschweinchen wird dann weniger gestresst sein, was auch eine bessere Voraussetzung für die Kastration sein kann. Gerade, wenn noch 2-3 Wochen auf den Termin für die Kastration gewartet werden muss, kann man dem Meerschweinchen diese Zeit somit meist noch etwas erleichtern.
Schaut für die Nachsorge nach der Operation weiter unten die Infos im Text an - es empfiehlt sich, bereits vor der Operation die Medikamente, Heilmittel und Gegenstände zu besorgen, die in den Tagen nach der Operation wichtig werden können.
-> Tipps für den Ablauf der Kastration beim Tierarzt:
Operationen wie Kastrationen finden meistens mittags statt, sofern sie planbar sind und kein Notfall.
Man bringt dazu die Meerschweinchen morgens in die Praxis und holt sie, wenn alles gut läuft, nachmittags wieder ab.
Macht euch am besten Notizen auf einem Zettel in Bezug auf Fragen, die ihr dem Tierarzt stellen möchtet vor der Operation. Meist ist man vor Ort sehr aufgeregt und vergisst dann eventuell die Hälfte. Ebenfalls ist es ratsam, alle Medikamente aufzulisten, die das Meerschweinchen vor der Operation schon erhalten hat.
Man ist als Mensch meist sehr aufgeregt, wenn ein geliebtes Meerschweinchen operiert werden muss. Es empfehlen sich Notfall-Bachblüten, die man als Mensch einnehmen kann und die einem helfen können, trotz der Sorgen ruhig zu bleiben. Ebenfalls kann eine ruhige Atmung und Atemübungen (z.B. die 4 - 7 - 8 - Atmung) dazu beitragen, dass man nicht so stark nervös ist. Die Tiere bemerken unsere Stimmung häufig und lassen sich davon verunsichern. Je ruhiger der Halter ist, umso besser ist dies auch für die Meerschweinchen.
Wir erklären unseren Tieren alles, was beim Tierarzt geschehen wird und warum dies geschehen wird. Sie verstehen mehr, als wir meinen und es bereitet sie unserer Einschätzung nach besser auf den Tierarztbesuch und Operationen vor, wenn alles im Detail kommuniziert wird. Selbst, wenn dies nur den Menschen beruhigen sollte, so hat auch das darin dann seinen Sinn.
Für den Tierarztbesuch ist eine geeignete Box mit passender Ausstattung (Handtücher, ggf. Kuschelsack, dünnes Tuch als Schutz von oben) und ein Fresspaket (viel Frischfutter, was das Meerschweinchen gerne frisst und einige besondere Leckerbissen) wichtig. Schaut für mehr Infos dazu hier in den Text zu Tipps bei Tierarzt-Besuchen.
Generell bei Tierarzt-Besuchen, aber gerade auch bei Operationen, sollte ein Begleit-Meerschweinchen dabei sein, um dem kranken Meerschweinchen beizustehen. Es ist bekannt, dass Meerschweinchen weniger Stress (und wohl auch Angst) haben in Begleitung eines befreundeten Meerschweinchens, als wenn sie alleine sind. Das Begleitschwein sollte im Optimalfall relativ entspannt und sozial sein und nicht selbst erkrankt, da es natürlich auch etwas Stress durch den Besuch beim Tierarzt hat, auch wenn es selbst nicht behandelt wird.
Es macht Sinn, die Meerschweinchen schon ein paar Stunden vor der Operation zum Tierarzt zu bringen. So können sie sich von der Fahrt zum Tierarzt erholen und sich an die neue Umgebung und Geräusche gewöhnen. Der anfangs hohe Stresspegel kann dann schon etwas sinken, was besser ist für die Operation.
In Bezug auf die Kastration sollte zuvor mit dem Tierarzt ein paar Dinge abgesprochen werden:
- Naht:
Wir fragen den Tierarzt immer vor einer Kastration, ob es möglich ist, subkutan zu vernähen. Eine subkutane Näht mit selbstauflösenden Fäden stellt Vorteile, z.B. können die Meerschweinchen schlechter als bei anderen Nähten an ihr herumknabbern. Dennoch sind auch andere Naht-Varianten oder das Tackern mit Titanklammern nicht pauschal schlecht. Am besten ist die Variante zu wählen, mit der der Tierarzt selbst die besten Erfahrungen gemacht hat. Dennoch schadet es nicht, nach der subkutanen Variante zu fragen.
- unvorhergesehene Ereignisse während der Operation:
Wir bitten den Tierarzt, uns anzurufen, wenn es zu unvorhergesehenen Ereignissen oder Diagnosen während der Kastration kommt. Dies tun die Tierärzte meist in solchen Fällen aber auch von sich aus. Wird z.B. in der Operation erkannt, dass das Meerschweinchen zu schwer krank ist und nicht operiert werden kann, muss die Entscheidung getroffen werden, ob es euthanasiert werden sollte. In solch einem Fall rufen die Tierärzte an.
Wir sagen unseren Tierärzten vor einer Kastration in der Regel, dass, sollte die Milz ebenfalls erkrankt sein und müsste auch heraus operiert werden, die Meerschweinchen euthanasiert werden sollen. Unserer Erfahrung nach quälen sie sich nach einer Operation von sowohl Milz als auch Gebärmutter nur noch sinnlos und versterben in den Stunden nach der Operation.
- grobe Einschätzung des zeitlichen Ablaufs:
Auch, wenn es nicht immer gut einzuschätzen ist für die Tierärzte, können sie meist Zeiten angeben, wann das Meerschweinchen ungefähr operiert wird und wann das Tier wieder abgeholt werden kann. Gerade letzteres ist wichtig zu wissen, um den weiteren Tag zu planen. Ebenfalls ist es für die eigenen Nerven gut, wenn man weiß, wann das Meerschweinchen ungefähr operiert wird. Kommt in diesem Zeitraum kein Anruf vom Tierarzt, kann man annehmen, dass soweit alles gut verlaufen ist.
-> Verlauf und Tipps für die Versorgung nach der Kastration:
Abholung beim Tierarzt
Meistens kann man die Meerschweinchen - sofern es nicht zu Komplikationen gekommen ist und die Tiere stabil sind und schon etwas Nahrung angenommen haben - ungefähr 4 Stunden nach der Operation wieder abholen und nach Hause bringen. Heutzutage sollte es nicht mehr vorkommen, dass man ein Meerschweinchen noch in Narkose abholt und es zuhause langsam wach wird, wie es früher manchmal der Fall war. Ein Tierarzt sollte ein Meerschweinchen nur mit nach Hause geben, wenn es wach und stabil ist und bereits Nahrung (meistens geben sie den Meerschweinchen nach der Operation etwas Brei) abgeschluckt hat.
Wir nehmen unsere Meerschweinchen in der Regel in jedem Fall mit nach Hause, wenn sie stabil genug für einen Transport sind. Zuhause können wir sie engmaschiger im Blick haben, als das Personal beim Tierarzt es kann und wir können ihnen alle Medikamente auch selbst geben. Sollte es zu Komplikationen kommen, so bringen wir die Meerschweinchen dann für Untersuchungen und Behandlungen dann wieder zum Tierarzt, vermeiden es aber, wenn möglich, sie dort auf der Station zu lassen. Die meisten lokalen Tierärzte haben keine Kapazitäten für eine stationäre Überwachung der Tiere über Nacht und in manchen Kliniken sind nicht alle Tierärzte ausgebildet, um Meerschweinchen adäquat zu betreuen und es kann zu massiven Fehlbehandlungen kommen, die den Tieren schaden kann.
Im Optimalfall kann das Meerschweinchen, wenn es beim Tierarzt abgeholt wird, bereits seine Temperatur wieder von alleine halten können. Ansonsten sollte es mit einer Wärmequelle (Wärmeflasche oder Handschuh gefüllt mit warmem Wasser) in der Transportbox transportiert werden. Zuhause sollte es dann am besten gleich ins Rotlicht oder einen Dunkelstrahler gesetzt werden.
Zuhause angekommen
Zuhause angekommen setzt man am besten erst einmal das Begleitmeerschweinchen in das Gehege. Anschließend nimmt man das operierte Meerschweinchen hinaus und prüft, ob es weiterhin fit ist.
Es macht Sinn, sofort einen Blick auf die Kastrationsnaht zu werfen, sofern sie nicht von einem Pflaster verdeckt ist. Kommt es zu Blutungen in diesem Bereich, die stärker sind als eine kleine Schmierblutung von den vernähten Hautschichten, sollte das Meerschweinchen wieder zurück zum Tierarzt gebracht werden (schaut hier für mehr Infos bei Komplikationen nach einer Kastration). Dies ist zum Glück selten, aber deswegen schadet eine Kontrolle der Naht nicht.
Die Naht kann auch sofort einmal fotografiert werden. So kann man ihre Heilung im Blick behalten und den Zustand der Naht im Laufe der Zeit besser vergleichen.
(Meerschweinchen wirken vor Stress und wegen Narkosemitteln nach so einer Operation oft etwas eingefallen und haben dann auch nicht so eine gute Muskelspannung. Das ändert sich meist schnell wieder nach spätestens 1-2 Tagen.)
Danach kann man dem Meerschweinchen ganz langsam und vorsichtig (da es ggf. noch etwas müde oder verlangsamt in den Reaktionen von der Narkose ist) Mittel gegen Aufgasungen wie Colosan und Simeticon geben und danach ein paar ml relativ flüssigen Brei. Es eignet sich gut Bio-Gerstengrasbrei oder eine Brei-Art, die das Meerschweinchen mag. Nimmt das Meerschweinchen den Brei noch nicht von alleine, so sollte man nicht mehr als 3-4 ml geben nach den Medikamenten, damit diese besser rutschen und im Körper wirken können. In den Brei kann man eine Messerspitze Honig (auf ca. 5 ml Brei) oder alternativ etwas Traubenzucker geben, was dem Kreislauf der Meerschweinchen unterstützend helfen kann.
Meerschweinchen sollten unserer Meinung nach nicht per Zwang ernährt werden. Dies kann massiv schädlich sein und auch grausam. Mehr Infos zu unseren Gedanken in Bezug auf eine Zwangsernährung (Zwangs-Päppeln) zu Meerschweinchen gibt es hier.
Dass Meerschweinchen nach einer Operation noch ein paar Stunden bis eventuell zum nächsten Morgen nichts fressen möchten, kann normal sein. Meistens werden sie beim Tierarzt schon unter Zwang mit Brei ernährt und haben dann erst recht erst einmal keinen Hunger. Zudem muss sich der Körper, vor allem auch das Nervensystem, noch von Narkose und der Operation erholen. In so einem Zustand ist der Vagus-Nerv beeinflusst, so dass das Meerschweinchen eventuell nicht gut verdauen kann. Man hilft dem Tier nicht, in dem man per Zwang Brei in seinen Mund stopft, sondern schadet eher. Warum dies auch nicht nötig ist, steht im Link oben zur Zwangsernährung.
Am besten setzt man das Meerschweinchen dann ins Gehege. Da es den Kontakt zu den anderen Tieren braucht, sollte es nicht von den anderen Meerschweinchen getrennt werden - dies macht man nur im absoluten Notfall, wenn das operierte Meerschweinchen stark gemobbt und dadurch gestresst wird. Sowas kommt aber normalerweise nicht vor.
Das operierte Meerschweinchen wird noch nicht viel laufen wollen, daher sollte in eine Ecke gesetzt werden, die es gerne mag, in der es geschützt ist, aber dennoch vom Menschen etwas beobachtet werden kann und in der man Rotlicht oder Dunkelstrahler anstellen kann. In dieser Ecke kann man dem Meerschweinchen dann alle möglichen Leckerbissen anbieten, so muss es nicht umher laufen, was nun noch schmerzhaft ist, um Futter zu suchen. Ebenfalls braucht es die Energie, die zur Futtersuche verwendet würde, nun, um sich auszuruhen und zu erholen.
Diese Ecke sollte man im Vorfeld säubern und am besten - auch wenn Streu liegt im Gehege - mit einer Fleece-Decke abdecken. So kann man die Naht am Bauch noch etwas vor dem Streustaub schützen und es ist auch angenehmer fürs Meerschweinchen, unter dem Bauch nun (der auch rasiert wurde für die Operation) und an der Naht einen weichen Untergrund zu haben. Ansonsten kann das Einstreu aber ruhig im Gehege verbleiben, auch, sollte das Meerschweinchen kein Pflaster auf der Naht haben. Die Wunden am Bauch ziehen sich meist schnell zusammen und sind auch gut vernäht, so dass kein Dreck eindringen kann - zudem kann man eh nicht verhindern, dass Staub, Nahrung, Kot etc. an den Bauch gerät.
Ein Body ist für Meerschweinchen pauschal nicht nötig. In der Regel gehen sie nicht an die Wunden am Bauch und der Body stresst sie sehr und schützt auch die Naht nicht unbedingt, sondern reibt dort ggf. auch. Gehen sie sich nicht oder nur wenig an die Naht, benötigen sie keinen Body oder etwas Ähnliches. Eine Halskrause ist für Meerschweinchen purer Stress, was die Heilung behindert und daher zieht man ihnen solch eine heutzutage in der Regel gar nicht mehr an. Gehen die Meerschweinchen an die Naht, kann der Body helfen. Lest mehr zu dem Thema im Text zu den Komplikationen einer Kastration hier.
Da den Meerschweinchen der Bauch weh tun wird, empfiehlt es sich, ihnen noch eine gefaltete Fleece-Decke oder ein weiches kleines Kissen als Untergrund in der entsprechenden Ecke anzubieten. Das Meerschweinchen sollte dennoch noch guten Halt in diesem Bereich haben, der Untergrund sollte also nicht zu weich sein, als dass es gut dort laufen kann.
Danach lässt man das Meerschweinchen am besten erst einmal in Ruhe und beobachtet nur.
Die Nacht nach der Operation
Wenn nichts auffällig ist, sollte man das Meerschweinchen dann erst einmal ca. 4 Stunden in Ruhe lassen, bis die nächsten Medikamente gegeben werden können. Beispielsweise macht es Sinn, die ersten 1-2 Tagen alle 4 Stunden Colosan und Simeticon und danach ein paar ml flüssigen Brei (ggf. mit etwas Honig) zu geben, um Aufgasungen entgegen zu wirken. Ebenfalls können Vitamin B und C in den Tagen nach der Kastration als Zugabe sinnvoll sein.
Meistens wird beim Tierarzt gesagt, dass am Abend nach der Operation noch keine Schmerzmittel gegeben werden müssen. Wir haben unsere Tiere dennoch immer mit Metacam und Novalgin versorgt ca. 10 Stunden nach der Operation und bevor wir ins Bett gegangen sind.
In der Nacht nach der Kastration sollte darauf geachtet werden, dass das Meerschweinchen Urin und Kot absetzen kann. Der Kot kann etwas verformt sein, Gasrillen beinhalten oder als Ketten abgesetzt werden in den ersten Tagen nach der Kastration. Da der Darm bei der Kastration einmal komplett ausgelagert werden muss aus dem Bauch, um die Gebärmutter zu erreichen und danach wieder eingelagert wird, kann es zu Irritationen kommen. Daher ist es gut, den Meerschweinchen entblähende Mittel wie Colosan und Simeticon zu geben vor und in den Tagen nach der Kastration. Stockt die Verdauung nach 1-2 Tagen nach der Kastration, sollte der Tierarzt aufgesucht werden, um zu prüfen, ob der Darm normal arbeitet (ein Röntgenbild mit Bariumsulfat kann im Notfall darüber Auskunft geben, ob an einer Stelle im Darm Nahrung nicht weitergeleitet wird).
2-3 Tage lang nach der Kastration kann es unter Umständen auch noch zu sichtbarem Blut im Urin kommen. Das kann normal sein, sollte aber zunehmend zurückgehen und spätestens nach 2 Tagen langsam abnehmen. Danach sollte es, wenn die Quelle für das Blut im Urin die Gebärmutter war, dann ausbleiben und auch zunehmend bei Tests mit dem Urinteststreifen nicht mehr angezeigt sein. Wird das Blut aber im Laufe der Zeit nach der Kastration zunehmend mehr im Urin, muss man herausfinden, was nicht stimmt.
Es empfiehlt sich, den Urin regelmäßig auch nach einer Kastration mit einem Urinteststreifen zu testen. Mehr Infos dazu gibt es hier.
In den ersten Nächten nach der Kastration ist es ratsam, ca. alle 4 Stunden nach dem Tier zu sehen. Wenn man 4 Stunden schläft und sich den Wecker stellt, um nach dem Meerschweinchen zu schauen und Medikamente zu geben, kann man anschließend, wenn es dem Tier gut geht, weitere 4 Stunden schlafen. Gibt es mehrere Familienmitglieder, kann man sich auch aufteilen, wer wann nach dem Meerschweinchen sieht und Medikamente gibt.
Was man in der Nacht und in den Tagen nach der Operation immer im Blick haben sollte:
Ist die Atmung normal? Kommt Urin? Kommen Böhnchen? Gibt es eine fühlbare Aufgasung? Was macht die Körperspannung? Fühlt sich das Meerschweinchen kalt oder warm an? Ist es aktiv im Gehege unterwegs? Frisst es?
Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn die Meerschweinchen schon wenige Stunden oder am Abend nach der Kastration fressen. Dennoch kann es leider sein, dass sie in den weiteren Tagen versterben - man sollte also immer weiterhin ein gutes Auge auf sie haben, auch wenn sie bereits kurz nach der Kastration fressen.
Es kann aber auch sein, dass sie erst in der Nacht nach der Operation oder am nächsten Morgen wieder mit dem Fressen beginnen. Derweil sollten sie mit Medikamenten versorgte werden und nicht zwangsernährt werden, nur ein paar ml flüssigen Brei nach den Medikamenten erhalten. Es sei denn, sie mögen von alleine gerne Brei nehmen - davon dürfen sie dann haben, so viel sie möchten.
Der Tag nach der Kastration
Möchte das operierte Meerschweinchen noch nicht oder nicht viel fressen am Tag nach der Kastration, kann man probieren, ob sie kurz ein paar Minuten in kaltem Wasser eingeweichtes Heu möchten. Dieses riecht aromatisch und lockt sie meist. Man sollte es ca. 15 Minuten in kaltem Wasser einweichen und danach mit einem Tuch trocken drücken.
Auch kann man probieren, ob sie Natron-Wasser nehmen möchten. Dies sind 1-2 Messerspitzen Natron auf ca. 5 ml Wasser. Natron-Wasserkann gegen Magenschmerzen helfen und den Körper entsäuern. Da es zu einer leichten Gasbildung im Magen führt, sollte aber nicht mehr als 5 ml davon gegeben werden. Mehr Infos dazu gibt es hier.
In den meisten Fällen verhalten sich Meerschweinchen bereits wenige Tage nach der Kastration schon wieder völlig normal und sind auch normal aktiv. Selten kann es sein, sie haben starke Schmerzen und sind weniger aktiv und können auch nicht so gut laufen. Dies kann aber normal sein nach so einem Eingriff. Wärme und Schmerzmittel sowie Futter in der Nähe der Tiere (damit sie nicht so viel laufen müssen) und auch Antibiotika und entblähende Mittel können ihnen helfen, diese Zeit besser zu überstehen. Auch kann man Traumeel oder Arnica geben.
Zeigen die Meerschweinchen in den Tagen nach der Operation starke Schmerzsymptome, so sollte man die Schmerzmittel erhöhen oder noch neue Schmerzmittel hinzunehmen. Mehr zu Schmerzmitteln und richtigen Dosierungen beim Meerschweinchen steht hier.
Es kann sein, dass das Meerschweinchen am Abend nach der Kastration besser zurecht ist, als am Tag nach der Kastration. Dies kann daran liegen, dass die starken Schmerzmittel, die die Meerschweinchen während der Operation erhalten haben, nun vom Körper abgebaut sind und nicht mehr wirken.
Dennoch sollte das Meerschweinchen nicht stark abbauen, was kein gutes Zeichen ist.
Beginnen die Meerschweinchen in den ersten Tagen nach einer Kastration nicht wieder von alleine mit dem Fressen und bauen vom Gesundheitszustand ab, so ist dies kein gutes Zeichen und endet meistens damit, dass man die Meerschweinchen einschläfern lassen muss oder sie versterben.
Leider möglicher Abschied
Wenn die Meerschweinchen es nicht schaffen und nach der Kastration versterben oder eingeschläfert werden müssen, da sie zu stark abbauen und in einen Sterbeprozess geraten, so haben wir uns immer versucht zu trösten, dass wir den Tieren diese Chance gegeben haben und sie - aufgrund der vielen Schmerzmittel und Narkosemittel - hoffentlich nicht mehr viel mitbekommen und keine Schmerzen gespürt haben. Es ist immer ein schwacher Trost, aber wir können nichts für solche Erkrankungen und haben immer nur die Möglichkeit, den Weg mit den höchsten Chancen auf noch schöne Lebenszeit für unsere Tiere zu wählen. Und diese Chance stellt die Kastration - in der Regel ist sie ohne Alternative und die Entscheidung zur Kastration soll das Leid des Meerschweinchens beenden. Man fällt diese Entscheidung aus Liebe zu ihm. Schafft es das Tier am Ende nicht, so hat man es wenigstens versucht und ihm alle möglichen Chancen gegeben.
-> In den Wochen nach der Kastration:
Werden keine selbstauflösenden Fäden für die Kastrationsnaht verwendet, so sollte man das Meerschweinchen ca. 10 Tage nach der Operation zum Fädenziehen oder Klammerziehen zum Tierarzt bringen. Die Fäden oder Klammern spannen meist noch etwas und oft sind die Tiere nochmal wieder etwas agiler und normaler, wenn die Fäden oder Klammern entfernt sind. Solange sollte man ihnen daher auch mindestens Schmerzmittel geben.
Auch in den Wochen nach der Kastration sollte man das Meerschweinchen weiterhin gut beobachten, die Heilung der Naht im Blick haben und auch regelmässig den Urin mit einem Teststreifen prüfen.
Es kommt beim Kastrationen beim Meerschweinchen leider immer wieder zu Entzündungen im Bauch am Gebärmutterstumpf. Diese zeigen sich oft nicht durch eindeutige Symptome, sondern man merkt meist nur, dass das Meerschweinchen unspezifisch Schmerzen oder Probleme mit der Verdauung oder mit Blut im Urin zu haben scheint.
Um zu prüfen, ob alles im Bauch des Meerschweinchens gut heilt oder es zu solch einer Entzündung gekommen ist, sollte 4-6 Wochen nach der Kastration zur Sicherheit ein Ultraschall angefertigt werden. Lest mehr Infos darüber hier im Text zu den möglichen Komplikationen einer Kastration.
Es empfiehlt sich ein Darmaufbau mit Huminsäure nach Absetzen der Medikamente, vor allem der Antibiotika. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Komplikationen nach einer Kastration
Es muss bei einer Kastration beim weiblichen Meerschweinchen nicht zu Komplikationen kommen - dies kann aber leider geschehen. Da es sehr wenige Infos im Internet zu möglichen Komplikationen nach einer Kastration beim Meerschweinchen-Weibchen gibt, solche Komplikationen leider auch nicht sehr selten sind, zum Teil aber im Vorfeld schon verhindert oder gemindert werden können mit Achtsamkeit auf manchen Details, widmen wir diesem Thema einen eigenen Text.
Ihr findet also nun hier mehr Infos zu möglichen Komplikationen nach einer Kastration bei Meerschweinchen-Damen.