Meerschweinchen neigen zu Entzündungen der Blase, aber auch zu Harnsteinen in Blase und Harnröhre.
Typische Symptome von Erkrankungen der Blase oder Harnsteinen sind Weinen beim Urinabsetzen (z.B. wie hier im Video), ein nasser Hintern, stark riechender Urin und blutiger Urin.
Da Meerschweinchen aber oft auch sehr still leiden, kann es sein, gibt es solche typischen Auffälligkeiten nicht.
Symptome von solchen Blasenerkrankungen sind meist anfangs auch nicht sehr auffällig oder typisch. Meist zeigen die Meerschweinchen im Anfangsstadium von Blasenerkrankungen erst einmal nur Magen-Darm-Probleme wie Aufgasungen (Infos dazu hier) und Durchfall (Infos hier) sowie allgemeines Unwohlsein und unspezifische Schmerzen (Infos dazu hier).
Daher empfehlen wir, den Urin der Meerschweinchen regelmäßig selbst zu prüfen mit einem Teststreifen. Dies ist einfach und schnell machbar, das Meerschweinchen merkt davon meist nichts. Eine Anleitung dazu gibt es hier.
Mit solchen Teststreifen kann man Blasenerkrankungen früher erkennen, da die Teststreifen z.B. Blut im Urin schon anzeigen lange bevor der Urin für das menschliche Auge sichtbar blutig wird oder das Meerschweinchen anfängt, beim Wasserlassen zu weinen.
Diese Symptome treten bei Blasenentzündungen und Harnsteinen auch nicht immer auf - bei jeglichem Unwohlsein macht daher zur Sicherheit erst einmal ein Urintest Sinn.
So lassen sich auch Erkrankungen der Gebärmutter bei weiblichen Meerschweinchen früher erkennen und behandeln.
Meerschweinchen positionieren den Hintern kurz vor dem Urin absetzen oft etwas rückwärts (manchmal laufen sie auch ein bisschen rückwärts dabei, oft in eine Ecke). Dabei drücken sie den Hintern flacher auf den Boden, bevor sie pieseln. Dies ist normal und kein Krankheitsanzeichen, man kann es hier in dem Video ab Sekunde 20 sehen. Auch das eventuelle Abwischen des Geschlechtsteils auf dem Boden nach dem Pieseln ist normal.
Blasenentzündungen und Harngries
Die häufigsten Probleme mit der Blase sind beim Meerschweinchen Blasenentzündungen und Gries in den Harnwegen. Beides kommt oft zusammen vor - der Gries an sich macht normal keine Probleme und durch den normalen Gries bei Meerschweinchen werden weder starke Schmerzen noch Blut im Urin verursacht. Dies sind in der Regel immer Symptome für Entzündungen der Harnwege und diese Entzündung führt dann auch zur Entstehung von mehr Harngries. Die Ursachen, warum es zu Harngries kommt, sind aber noch komplexer und liegen oft auch in einer zu trockenen Ernährung (Infos zu einer gesunden Meerschweinchen-Ernährung gibt es hier).
Daher haben wir einen langen Text mit unseren Erfahrungen zum Thema Harngries geschrieben, der auch die Behandlung von Blasenentzündungen umfasst. Hier findet ihr diesen Text.
Bei Blasenentzündungen muss beim Meerschweinchen zur Sicherheit immer geröntgt werden (Röntgenbilder in zwei Ebenen mit kompletter Harnröhre aufgenommen - mehr Infos dazu hier), um auszuschließen, dass ein Harnstein in den Harnwegen vorliegt. Der Urin sollte zudem unter einem Mikroskop angeschaut werden, da selten Entzündungen durch Einzeller ausgelöst werden, die mit den gängigen Antibiotika nicht behandelbar sind und in Erregerbestimmung und Antibiogramm nicht erkannt werden können. Mit dem Mikroskopischen Check kann man auch weitere Infos über den Urin erfahren. Mit einem Ultraschall kann man die Blase und auch andere Organe wie die Nieren dann noch weiter untersuchen.
Unserer Erfahrung nach muss beim Meerschweinchen im Falle einer Blasenentzündung immer mit Antibiotika (und natürlich ausreichend Schmerzmittel, Infos dazu hier) gearbeitet werden. Mit Naturheilkunde und viel Flüssigkeit über die Nahrung oder Brei kann man zusätzlich arbeiten, dies reicht aber zum Ausheilen der Entzündung beim Meerschweinchen leider nicht aus. Mehr Infos dazu stehen in dem Link hier zum Thema Harngries. Beim Meerschweinchen wirken die Standard-Antibiotika wie z.B. Enrofloxacin bei Blasenentzündungen leider nicht immer zuverlässig gegen die Erreger. Alternative Antibiotika wie Cotrimoxazol, Azithromyzin oder bei Einzellern Metronidazol können besser wirken. Mehr Infos zu Antibiotika beim Meerschweinchen findet ihr hier. Hier gibt es Infos zum Antibiogramm - dieses kann vom Urin angefertigt werden. Es ist sinnvoll, um festzustellen, welche Erreger im Urin vorliegen und welches Antibiotikum gegen diese wirkt.
Unserer Erfahrung nach reicht es, den Urin aus der Blase vorsichtig auszumassieren oder spontanen Urin aufzufangen - eine Punktion der Blase ist nicht nötig für ein Antibiogramm. Die Umgebungskeime aus spontan abgesetztem oder ausmassierten Urin können vom Labor erkannt und aus der Analyse ausgeschlossen werden. Ebenfalls kann es sein, dass das Meerschweinchen eine Harnröhrenentzündung hat, ohne, dass die Blase betroffen wäre von der Entzündung. Dies ist zwar selten, aber diese Erreger hätte man dann nicht bei einer Punktion der Blase im Urin und sie könnten daher nicht über ein Antibiogramm gefunden werden in diesem Fall.
Dieses Foto zeigt Eiter, welcher aufgrund einer Entzündung aus der Harnröhre kommt. Dies sieht man beim Meerschweinchen so allerdings sehr selten.
Hartnäckige Blasenentzündungen können oft beim weiblichen Meerschweinchen ein Gebärmutterproblem anzeigen. Eine kranke Gebärmutter kann die Blase reizen oder aber das Blut im Urin kommt aus der Gebärmutter und nicht aus der Blase. Nicht immer ist eine Unterscheidung zwischen diesen Erkrankungen eindeutig, da die Gebärmutter sehr krank sein kann und dennoch im Ultraschall unauffällig aussehen kann. Daher werden viele Gebärmutterprobleme oft lange für Blasenprobleme gehalten. Lest hier mehr zum Thema Erkrankungen der Gebärmutter und Eierstöcke beim weiblichen Meerschweinchen.
Auch Erkrankungen der Nieren und Steine im Harnleiter können starke Schmerzen und Blut im Urin verursachen. Mehr Infos zu diesem Thema gibt es hier.
Weitere Erkrankungen der Blase
Meerschweinchen können auch noch an anderen Erkrankungen der Blase erkranken. Diese sind aber sehr selten.
Es kann sehr selten zu Gewebewucherungen in der Blase kommen, die im Ultraschall in der Blase zu sehen sind. Meist sind dies Schwellungen des Gewebes durch Entzündungen bedingt und verschwinden mit Einsatz des passenden Antibiotikums wieder. Fälschlicherweise wird sowas oft für Blasenkrebs gehalten und dann leider nicht richtig behandelt mit Antibiotika. Blasenkrebs gibt es natürlich auch, aber dieser kommt unserer Erfahrung nach fast nie vor beim Meerschweinchen. Daher sollte, im Fall, es wächst etwas in der Blase, immer zur Sicherheit ein mikroskopischer Check und ein Antibiogramm vom Urin angefertigt und das passende Antibiotikum verabreicht werden. Man kann im Ultraschall überprüfen, ob sich die Gewebeschwellungen/-wucherungen verändern und verkleinern nach dem passenden Antibiotikum.
Tumore und Krebs in der Blase sind beim Meerschweinchen schwer bis gar nicht zu diagnostizieren. Mittels Ausschlussdiagnostik und CT kann man mehr Infos erhalten, meist jedoch kann so ein Befund nur durch eine Probe-OP (die in der Regel mit dem Einschläfern des Meerschweinchens endet, da die Blase so schwer zu operieren ist und man das Tier oft nur unnötig quälen würde) oder die Autopsie des Tieres nach seinem Tod erkannt werden.
Es kann weitere Gewebewucherungen wie gutartige Polypen oder Endometriose in der Blase eines Meerschweinchens geben, die nicht durch Entzündungen bedingt sind. Aber dieses Gewebe neigt dann zu Entzündungen und es kommt meist immer wieder zu Blasenentzündungen in so einem Fall, die mit Antibiotika behandelt werden müssen. Zum Glück ist sowas auch extrem selten.
Eine Endometriose zu diagnostizieren beim Meerschweinchen ist nahezu unmöglich - wenn das Meerschweinchen jedoch kastriert wurde und ein entsprechender Befund der Gebärmutter vorliegt und sich im Laufe der Zeit Gewebe in der Blase bildet, so ist dies anzunehmen. Man kann dann mit Schmerzmittel und Antibiotika (die dauerhaft gegeben werden müssen, was meist gut vertragen wird) gegen die chronischen Entzündungen dieses Gewebes arbeiten und mit Chlormadinon (Infos hier) versuchen, das Fortschreiten der Endometriose zu verlangsamen.
Bei Polypen gibt es meist keine weiteren Probleme oder nur ab und zu Blasenentzündungen, ansonsten sind sie halt vorhanden in der Blase und ihr Wachstum sollte ab und an im Ultraschall überprüft werden. Da die Blase aber generell schwer zu operieren ist und gerade, wenn es um Gewebe in der Blase geht, ist eine Operation von Polypen meist zu riskant und daher in der Regel sowieso keine Option, auch, wenn die Polypen wachsen sollten.
Hier sieht man einen kleinen Polypen in der Blase einer Meerschweinchen-Dame. Er verursachte keine Probleme und bestand unverändert über längere Zeit.
Hier sieht man vermutlich Endometriose (pink markiert), wie sie die Blase (blau eingekreist) langsam zuwächst. Das entsprechende Meerschweinchen-Mädchen war zuvor kastriert worden und hatte Endometriose in der Gebärmutter. Etwas später bildete sich feines, weiches Gewebe in der Blase und verschwand auch nicht durch Antibiotika, so dass der Vedacht nahe lag, dass es sich auch hierbei um Endometriose-Gewebe handeln könnte. Leider wuchs das Gewebe mit der Zeit die Blase zu und dies liess sich nicht stoppen und führte zu einer chronischen Entzündung. Das Meerschweinchen hatte noch ein schönes halbes Jahr, musste aber die ganze Zeit zwei Antibiotika bekommen (Pradofloxcacin und Cotrimoxazol, andere Antibiotika halfen nicht) und Schmerzmittel, bis die Probleme zu gross wurden und die Blase komplett voller Gewebe war. Das Meerschweinchen ist daher dann erlöst worden.