Gedanken über und Kritik
an der Zwangsernährung
von Meerschweinchen
Gedanken über und Kritik
an der Zwangsernährung
von Meerschweinchen
Hier in diesem Text möchten wir unsere Erfahrungen und Kritik zur Zwangsernährung von Meerschweinchen mit euch teilen. Wir schildern, warum wir die Zwangsernährung von Meerschweinchen nicht für nötig oder sinnvoll halten und warum dies eine gefährliche Qual für diese Tiere sein kann.
In diesem Zusammenhang ist auch der Magen-Darm-Trakt von Meerschweinchen ein Thema: wir schildern unsere Gedanken dazu hier detaillierter und gehen dabei auch darauf ein, dass Meerschweinchen keinen Stopfdarm haben.
Was ist die Zwangsernährung von Meerschweinchen?
Die Zwangsernährung (auch Zwangspäppeln genannt) wird immer wieder für Meerschweinchen, die nicht fressen wollen, empfohlen. Manchmal wird dies auch einfach nur Päppeln genannt - hier muss immer genauer definiert werden, was gemeint ist, denn unter Päppeln verstehen manche Menschen auch einfach, dass den Meerschweinchen Päppelbrei gefüttert wird.
Wenn die Meerschweinchen diesen freiwillig nehmen, handelt es sich dann nicht um Zwangsernährung. Auch gegen den Willen des Meerschweinchens lediglich 2-3 ml flüssigen Brei nach Medikamenten zu geben, damit die Medikamente besser im Magen ankommen, ist in unseren Augen noch keine Zwangsernährung.
Wir beziehen uns im folgenden Text bei der Erwähnung des Begriffs Zwangsernährung wirklich auf den Fall, in welchem dem Meerschweinchen gegen seinen Willen mit Zwang eine größere Menge Brei verabreicht wird. Dabei wird teilweise sogar geraten, das Meerschweinchen in ein Handtuch einzurollen, damit es sich weniger wehren kann - eine fürchterliche Prozedur für das Tier, was in dem Moment körperliche und seelische Qualen ausstehen muss, zusätzlich zu einer sowieso schon schmerzhaften Erkrankung, die es aus guten Gründen nicht fressen lässt.
Warum wird oft zur Zwangsernährung von Meerschweinchen geraten?
Die Empfehlung, ein nicht fressen wollendes Meerschweinchen per Zwang zu ernähren, kommt daher, weil sich lange der Mythos hielt, dass Meerschweinchen einen Stopfdarm hätten.
Diesem Konzept nach könnte der Darm die in ihm zu verdauende Nahrung nicht selbst weiterleiten, da er keine oder zu gering ausgeprägte Darmmuskeln hat. Es würde die Nahrung im Magen und Darm von Meerschweinchen nur dann weitergeleitet, wenn neue Nahrung nachkommt - die neu im Darm ankommende Nahrung soll dann die Nahrung, die sich schon im Darm befindet, weiter schieben/stopfen. Würde dies nicht geschehen, würde die Nahrung/Kot im Darm an einer Stelle verbleiben, nicht richtig verdaut werden und irgendwann anfangen zu gären. Dementsprechend würde das Meerschweinchen eine Aufgasung bekommen, vergiften und der Kreislauf zusammenbrechen.
Daher wird den Meerschweinchen-Haltern oft gesagt, sie sollten dem Meerschweinchen, sobald es ein paar Stunden lang keine Nahrung zu sich nehmen möchte, per Zwang Brei geben, um die Nahrung bzw. den Kot im Darm voran zu treiben.
Dies ist allerdings so pauschal ein fataler Rat, der dem Meerschweinchen massiv schaden und es im Extremfall sogar töten kann - noch dazu stimmt die theoretische Überlegung dahinter nicht, denn das Meerschweinchen hat keinen Stopfdarm. Und sein Kreislauf bricht auch nicht zusammen, wenn es kurzzeitig nichts frisst.
Auch Meerschweinchen haben Darmmuskeln, die die Nahrung weiterleiten. Diese sind zwar geringer ausgeprägt als bei anderen Tierarten, sie sind aber durchaus in der Lage, die Nahrung zu transportieren, auch, wenn keine neue Nahrung nachkommt. Der Darm von Meerschweinchen ist - als Modellorganismus für das enterische Nervensystem - eigentlich wissenschaftlich gut untersucht. Unter anderem gibt es Publikationen, die die Weiterleitungsgeschwindigkeit der Böhnchen (so nennt man in Meerschweinchenhalter-Kreisen den Kot bei Meerschweinchen) messen. Dabei gibt es dann sogar Videos, in denen man einen präparierten Meerschweinchen-Darm sehen kann, der ein Böhnchen transportiert. Mehr Infos dazu und detailliertere Gedanken zum Stopfdarm findet ihr hier.
Die Nahrung bzw. der Kot kann im Darm von Meerschweinchen also weitergeleitet werden durch die Darmmuskeln. Auch andere Faktoren spielen noch eine Rolle dabei, z.B. die Bewegung, die das Tier hat, die Funktion anderer Organe, die Lebensumstände und natürlich auch die Menge an Nahrung, die das Meerschweinchen zu sich genommen hat. Dennoch kann der Darminhalt fortbewegt und verarbeitet werden, auch wenn das Tier nicht zeitnah etwas Neues frisst.
Was ist mit dem Magen? Der Magen des Meerschweinchens ist tatsächlich ein Stopfmagen. Das bedeutet, er braucht - unter anderem - ein gewisses Maß an Druck, um Nahrung in den Darm weiterzuleiten. Wird die Nahrung nicht weitergeleitet, verbleibt sie zu lange im Magen und kann anfangen zu gären. Dennoch fällt auf, dass Meerschweinchen, die nichts fressen, nicht unbedingt eine Magenaufgasung haben. Dies betrifft oft eher Meerschweinchen, die noch fressen - Magenaufgasungen kommen nicht dadurch, dass die Meerschweinchen nichts zu sich nehmen. Viel mehr sind sie Folge einer anderen Erkrankung und Schmerzen. Mehr zu diesem Thema kann man hier lesen.
Auch der Magen der Meerschweinchen besitzt vielfältige Mechanismen zur Verdauung und Weiterleitung der Nahrung und ist dabei nicht auf nachkommende Nahrung angewiesen. Ausführlichere Gedanken zu diesem Thema findet ihr weiter unten im Text.
Dementsprechend ist auch die Physiologie des Magens von Meerschweinchen kein Grund, zu einer Zwangsernährung zu raten.
Was ist die Ursache, dass Meerschweinchen nicht fressen wollen?
Meerschweinchen sind sehr robust und verstecken viele Krankheiten ziemlich gut. Hier könnt ihr mehr zu Schmerzanzeichen beim Meerschweinchen lesen.
Oftmals fressen Meerschweinchen noch, obwohl es ihnen sehr schlecht geht und sie sehr krank sind. Bei Meerschweinchen handelt es sich um Tiere, die darauf angewiesen sind, regelmäßig kleine Mengen rohfaserreicher Frischkost zu sich zu nehmen (Gedanken zur gesunden Ernährung von Meerschweinchen gibt es hier).
Daher ist das regelmäßige Fressen für sie sehr wichtig, auch im Krankheitsfall.
Dennoch kann es dazu kommen, dass die Meerschweinchen nicht mehr oder nicht mehr viel fressen können, weil sie an einer Krankheit erkranken, die ihnen dies aus verschiedenen Gründen unmöglich macht.
Meerschweinchen verlieren dann teilweise schnell an Gewicht und man sieht auch, dass sie weniger oder langsamer fressen und sich nicht mehr so oft oder lange beim Futter aufhalten.
Das „Nicht-Fressen-Wollen“ ist eigentlich also ein „Nicht-Fressen-Können“ und die Ursache liegt immer in einer Krankheit, die dazu führt, dass das Meerschweinchen die Nahrung nicht verdauen kann.
Wenn man dem Meerschweinchen dann per Zwang Brei ins Maul schiebt, so ändert sich nichts an der Ursache der Probleme, also an der eigentlichen Erkrankung.
Alle möglichen Krankheiten können aus verschiedenen Gründen dazu führen, dass das Meerschweinchen nichts fressen will bzw. kann.
Die dafür ursächliche Erkrankung muss behandelt werden - dann kann und will das Meerschweinchen auch wieder fressen.
Daher ist immer, wenn ein Meerschweinchen nicht fressen möchte, Diagnostik sehr wichtig, allen voran: Urintest (dies kann man auch selbst, Infos hier), Röntgenbilder und Ultraschall (Infos zur Diagnostik gibt es hier).
ACHTUNG:
Auch einsame oder stark gestresste oder verängstigte Meerschweinchen möchten manchmal nichts fressen.
Meerschweinchen sind sehr sozial und dürfen daher nicht alleine gehalten werden. Manchmal ist es kurze Zeit, z.B. nach dem Tod des Partnertieres, nicht anders möglich. Stellt ein Meerschweinchen dann das Fressen fast komplett ein, so kann dies zwar immer ebenfalls aufgrund einer Erkrankung sein, geschieht aber in der Situation oft aufgrund von Einsamkeit.
So Fälle sind zum Glück selten und meist fressen die Meerschweinchen trotz Einsamkeit ganz normal. Beginnen sie aber, weniger zu fressen und findet man keine Krankheit als Ursache muss dann sofort eine Lösung gefunden werden, dass das Meerschweinchen zeitnah wieder mit Artgenossen leben kann.
Auch kann es sein, ein Meerschweinchen wird von anderen Meerschweinchen in der Gruppe gemobbt und kann deswegen nicht in Ruhe fressen oder hat zu viel Stress und Angst, um verdauen zu können. Dann kann es ebenfalls sein, es frisst weniger oder stellt das Fressen ein. In diesem Fall sollte es zeitnah in eine andere Gruppe von Meerschweinchen kommen, in der es dann besser zurechtkommt und zur Ruhe kommen und sich normal verhalten kann.
Zahnerkrankungen verhindern meist mechanisch, dass das Meerschweinchen fressen kann - es kann die Nahrung dann einfach nicht mehr richtig zerkleinern. In solchen Fällen versucht das Tier es aber immerhin noch - erst, wenn die Schmerzen zu schlimm werden, stellt es in solchen Fällen das Fressen manchmal komplett ein. Auf dieses Thema geht ein Textabschnitt weiter unten auf dieser Seite noch detaillierter ein
Alle anderen Erkrankungen, vor allem infektiöse Entzündungen, führen aus verschiedenen Gründen dazu, dass der Körper des Meerschweinchens in diesem Moment nicht mehr richtig verdauen kann. Die starken Schmerzen und eventuell auch bakteriellen Gifte belasten den Körper und stressen ihn. Der Darm kann in solchen Fällen nicht mehr richtig arbeiten und das Nervensystem, vor allem der Vagus-Nerv, signalisieren dem Körper, dass es gerade nicht gut wäre, etwas verdauen zu müssen. Daher wird dem Meerschweinchen dann übel und es möchte bzw. kann nichts fressen oder nur wenig und nur ausgewählte Nahrungsmittel.
Dies ist ein Schutzmechanismus, der eigentlich dem Überleben des Tieres dient: würde es jetzt in dieser Situation etwas fressen, würde dies nicht richtig verdaut werden können und somit wiederum Verdauungsprobleme verursachen. Zudem würde es dem Körper Energie kosten, die gerade zur Reparatur der gesundheitlichen Baustellen benötigt wird.
Mit einer Zwangsernährung wird dem Meerschweinchen in diesem Fall also kein Gefallen getan: Wird ein Meerschweinchen in solchen Fällen per Zwang ernährt, kann die nicht gewollte Nahrung nicht richtig verdaut werden, was weitere Verdauungsprobleme wie Aufgasungen, Durchfall etc. begünstigen kann und dem Magen-Darm-Trakt schaden kann. Die Verdauungsprozesse kosten zudem auch Energie, die ein krankes Meerschweinchen vielleicht gerade im Moment nicht hat oder für die Heilung der eigentlichen Krankheit benötigt. So hat Fasten in einem gewissen Rahmen - wie bei uns Menschen ähnlich - im Falle einer Erkrankung auch beim Meerschweinchen einen Sinn und ist wohl die bessere Option in so einem Moment.
Zudem stellen manche Nahrungsbestandteile, gerade auch die meisten herkömmlichen und leider ungesunden Päppelbrei-Sorten, auch Nahrung für Parasiten dar, die im Darm bei Erkrankungen generell gerne mal hochkochen und den Körper dann noch zusätzlich belasten und schädigen können. Daher ist Päppeln auch bei Inappetenz durch Parasiten nicht ratsam. Zudem erholen sich Magen und Darm auch schneller von den Folgen einer Erkrankung oder auch von Darmparasiten, wenn sie nicht noch zusätzlich mit Nahrung belastet werden, wenn dem Meerschweinchen eben nicht nach Fressen ist.
Sinn des „Nicht-Fressens“ bzw. Fastens
im Falle einer Krankheit dient dem Überleben
Warum sollte ein Tier, was natürlicherweise immer überleben will, auf einmal aufhören zu fressen, um dann zeitnah daran zu sterben?
Dieses theoretische Konzept birgt in unseren Augen Fehler: Erst einmal stirbt ein Meerschweinchen nicht zeitnah, auch wenn es mal eine kurze Zeit nichts frisst. Zudem dient das Fasten im Falle einer Erkrankung immer der Heilung des Körpers und nicht dem Sterben.
Das „Nicht-Fressen“ des Meerschweinchens ist ein sinnvoller Mechanismus, der dem Tier bei einer Erkrankung die besten Chancen auf ein Überleben bieten soll. Die Meerschweinchen wollen ja überleben, alle Mechanismen des Körpers dienen dem Überleben - nicht dem Sterben. Und wir Menschen sollten die Situation dann nicht verschlimmern, nur weil wir denken, wir wüssten es besser oder weil es uns beruhigt, zu wissen, dass das Meerschweinchen nun was im Magen hat, wenn man ihm den Brei aufgezwungen hat. Davon wird ein Meerschweinchen nicht wieder gesund, eher im Gegenteil…
Wenn Meerschweinchen nicht mehr anfangen zu fressen trotz aller Bemühungen und trotz aller Medikamente, dann sind sie meist einfach zu schwer krank. Keine Behandlung der Welt wird sie dann retten können - leider. Dies ist nicht immer so einfach zu akzeptieren im Falle des geliebten Tieres, dem man gerne helfen würde, so dass es noch länger bei einem bleiben und ein schönes Leben haben kann. Dennoch stirbt dieses Meerschweinchen an einer schweren Erkrankung und nicht an den Folgen des Nicht-Fressens. Auch eine Zwangsernährung wird es nicht retten können.
Weitere Gefahren der Zwangsernährung beim Meerschweinchen
Stellt euch vor, ihr seid krank. Ihr habt starke Schmerzen und euch ist übel. Ihr möchtet daher gerade nichts essen. Dann kommt jemand, deutlich größer als ihr, fixiert euch und stopft euch gegen euren Willen Nahrung in den Mund. Nicht nur wenig, sondern jede Menge und vielleicht auch Nahrung, die dazu gar nicht gesund für euch ist.
Wie geht es euch damit?
Man kann sich gut vorstellen, wie grausam so eine Situation für das entsprechende Meerschweinchen ist. Bei Stopfgänsen ist bekannt, dass das gewaltsame Einbringen von viel Nahrung ein Fall für den Tierschutz ist.
Bei unseren Meerschweinchen wird dies unter dem Deckmantel der Tierliebe empfohlen - basierend und rechtfertigend auf dem theoretischen Konzept des Stopfdarms, welches nicht einmal der Realität entspricht.
Nicht nur, dass es körperlich für die Meerschweinchen schlimm sein muss, trotz Übelkeit und Schmerzen mit Nahrung zugestopft zu werden - sie können sich dazu ja auch nicht einmal übergeben, wenn ihr Magen zu voll wird. Und wehren können sie sich wegen ihrer geringen Größe und der Unfähigkeit, weiter hinten im Maul eingebrachte Nahrung aktiv auszuspucken, auch nicht. Auch psychisch macht es daher eine ganze Menge Negatives mit den Meerschweinchen und sie können dadurch auch große Angst vor dem Tierhalter entwickeln, dem sie ja völlig ausgeliefert sind. Es ist etwas anderes, wenn man gegen den Willen des Tieres eine kleine Menge eines Medikaments eingibt - dies geht leider im Falle einer Erkrankung nicht anders und kann aber nicht solch eine Qual oder Schaden anrichten, wie die Zwangsernährung.
Je nach Erkrankung können die Meerschweinchen auch eine Magenaufgasung haben. Das heißt, der Magen ist schon bis zum Anschlag mit Futter und Gas gefüllt - da passt nicht mehr viel hinein.
Hier steht mehr zu Magenaufgasungen. Man kann diese beim Meerschweinchen nicht tasten und daher nur auf Röntgenbildern erkennen. Wenn das Meerschweinchen krank und der Magen (und vielleicht auch Darm) gegast ist, kann der Magen auch nicht so schnell verdauen. Dementsprechend leert er sich vielleicht langsamer als normal. Wenn man nun dem Meerschweinchen Brei per Zwang gibt und dies mehr als ein paar ml sind, so kann man den Magen überladen und dieser kann platzen.
Meerschweinchen können sich nicht übergeben, der Mageninhalt muss also immer über den Darm hinaustransportiert werden. Manchmal ist dies aber auch nicht möglich, weil z.B. ein Magengeschwür oder Tumor am Magenausgang oder ein Tumor von Leber oder Milz den Übergang zwischen Magen und Darm blockieren (mehr Infos dazu hier).
Auch in einem solchen Fall kann der Magen platzen. Es gibt dann einen Riss in der Magenwand und die Nahrung im Magen läuft in den Bauch des Meerschweinchens. Dies sieht man den Meerschweinchen nicht an und man sieht es in der Regel auch nicht auf normalen Röntgenbildern - es geschieht öfter, als man denkt. Nur durch Röntgenbilder mit dem Kontrastmittel Bariumsulfat (der Mageninhalt leuchtet dann weißlich und man sieht ihn dann auch außerhalb des Magens) oder bei einer Operation oder Obduktion nach dem Tod des Meerschweinchens kann dies festgestellt werden.
Dem Meerschweinchen geht es dann zusätzlich zur eigentlichen Erkrankung nochmal schlechter, es bekommt Kreislaufprobleme und eine Blutvergiftung und verstirbt oder muss eingeschläfert werden.
Es kann auch sein, der Druck im Magen ist durch Nahrung und Gas schon so groß, dass das Meerschweinchen den Brei gar nicht richtig schlucken kann. Ausspucken können die Meerschweinchen den Brei nicht, wenn er weit hinten im Maul eingegeben wird, so wie es für die Zwangsernährung geraten wird. In diesem Fall kann es passieren, dass sich Meerschweinchen verschlucken und der Brei in die Lunge gerät. Es passiert dann oft, dass die Meerschweinchen dadurch eine Lungenentzündung bekommen. Nicht immer heilt diese mit einem Antibiotikum aus - oftmals verliert man das Meerschweinchen dann an dieser Folge.
Daher sollte ein Meerschweinchen ohne vorherige Röntgenkontrolle auf eine Magenaufgasung schon einmal überhaupt nicht zwangsernährt werden. Aber selbst, wenn der Magen nicht gegast ist, ist dies nicht sinnvoll und kann schaden.
Unser Fazit: Die Zwangsernährung von Meerschweinchen ist nicht sinnvoll oder nötig und sie trägt auch nichts dazu bei, dass das Meerschweinchen wieder gesund wird. Sie gefährdet vielmehr seine Gesundheit und stellt eine physische und psychische Qual für das eh schon kranke Tier dar.
Unsere Meerschweinchen sind darauf angewiesen, dass wir in ihrem Sinne entscheiden. Dies setzt aber voraus, dass viel Ahnung über die Physiologie des Tieres besteht, um nichts falsch zu machen.
Als Tierhalter ist man oft verzweifelt und aufgeschmissen, wenn das geliebte Tier krank wird und man sich noch nicht gut über diese Tierart auskennt und Erfahrungen fehlen. Man muss sich daher auf den Rat von erfahreneren Experten verlassen und diesen auch vertrauen.
Wenn man einen schlechten und für das Tier schädlichen Rat bekommt, diesem folgt und dem Tier daraufhin schadet, ist dies sehr schade und tragisch.
Daher muss man immer kritisch bleiben, sich trotz eines Rats eigene Gedanken dazu machen und diesem Rat nicht einfach blind Folge leisten. Es ist unserer Erfahrung nach dabei sehr wichtig, auch auf die eigene Intuition oder das Bauchgefühl hören - dies ist oft ein guter Ratgeber, auch wenn der Kopf etwas anderes für logisch hält.
Viele Tierhalter haben uns schon gestanden, dass das Zwangsernähren ihres Meerschweinchens für sie selbst sehr schlimm war, da sie dies nicht gerne gemacht haben, auch gesehen haben, dass ihre Tiere das nicht wollten und ihre Intuition ihnen eigentlich zudem davon abgeraten hatte.
Da man ihnen aber gesagt hatte, dass das Meerschweinchen sonst sterben würde, haben sie es dann dennoch getan.
Vertraut eurem Bauchgefühl - egal, was wer behauptet! Auch Experten (und auch wir!) können in einer Sache falsch liegen.
Wir meinen es alle gut und geben Tipps nach bestem Wissen und Gewissen - dennoch kann es zu Fehlern kommen.
Am Ende muss, kann und darf immer der Tierhalter selbst entscheiden, wie er mit seinem Tier umgehen möchte.
Kein Tierhalter ernährt sein Meerschweinchen mit Zwang, weil er ihm Böses möchte - im Gegenteil! Man meint es gut, will das Beste für das kranke Meerschweinchen und möchte sein Überleben sichern.
Keinem ist daher ein Vorwurf zu machen, wenn er den Rat zur Zwangsernährung Folge geleistet hat und nicht immer passiert den Meerschweinchen was.
Dennoch ist es nie zu spät zum Umdenken, wenn man neue Informationen erhält, die vielleicht eine andere Meinung oder Sichtweise aufzeigen, die logischer klingt und sich richtiger anfühlt.
Habt für das Wohl eurer Tiere Mut, umzudenken und eurer Intuition zu trauen - auch, wenn alle anderen euch vielleicht etwas anderes erzählen!
Sonderfall: Päppeln bei Zahn- und Kiefererkrankungen
Bei Erkrankungen von Zähnen und Kiefer (Infos hier) können Meerschweinchen aus mechanischen Gründen und auch vor Schmerzen nicht mehr richtig fressen. Bis ihnen geholfen werden kann, sind sie oft auf Brei angewiesen. Es gibt verschiedene Breisorten und in der Regel findet sich immer eine Sorte, die dem Meerschweinchen schmeckt, so dass es den Brei freiwillig nimmt. Dabei muss man manchmal ein wenig kreativ werden - hier gibt es mehr Tipps zu Päppelbrei-Arten.
Ein Sonderfall ist es, wenn Meerschweinchen aufgrund von Zahn- und Kieferproblemen nichts fressen wollen und auch keinen der angebotenen Breisorten nehmen wollen. In solchen Fällen ist es immer schwer, etwas zu raten, denn eine Ernährung per Zwang ist auch in solchen Fällen Qual, aber lässt das Meerschweinchen überleben.
Auch in so einem Fall hat das Meerschweinchen jedoch einen guten Grund, warum es den Brei nicht nehmen möchte und es wird sich besser mit seinem Körper und seinen Bedürfnissen auskennen, als wir. Nur, weil wir nicht verstehen, wie das Meerschweinchen entscheidet, heißt das nicht, dass es keinen Grund gibt und wir uns mit Gewalt über den Willen des Tieres hinweg setzen sollten.
Oft sind auch solche Tiere einfach zu krank und jede Bewegung des Kiefers sind Qualen. Insofern tut man dem Meerschweinchen keinen Gefallen, wenn man es künstlich mit Zwangsernährung am Leben erhält - ein Meerschweinchen, was nicht mehr alleine fressen kann, verliert einen Großteil seiner Unabhängigkeit und Lebensqualität und hat zudem durch die eigentliche Erkrankung ja auch noch starke Schmerzen.
Jeder muss für seine Tiere selbst entscheiden, aber wir raten immer, das Wohl und die Lebensqualität des Tieres vor das eigene Herzeleid zu stellen: ein Meerschweinchen, was nicht mehr fressen kann, sollte dementsprechend auch nicht dazu gezwungen werden.
Meerschweinchen merkt man ihre Qual oft nicht an und wir wissen, wie schwer es ist, ein äußerlich gesundes Tier einschläfern zu lassen, weil die Situation von Kiefer oder Zähnen so schlimm ist. Wenn das Meerschweinchen aber nicht mehr fressen kann und man schon alle möglichen Therapien ausprobiert hat (verschiedene Antibiotika und Behandlungen bei guten Zahntierärzten), so ist ganz sicher viel mehr im Argen, als man von außen erahnen kann. Solch ein Meerschweinchen ist, auch wenn man es ihm ggf. nicht ansieht, schwerkrank. Es sollte dann wirklich im Sinne des Tieres entschieden werden, es gehen zu lassen und nicht weiteren Qualen auszusetzen - vor allem, wenn trotz aller Mühen keine Besserung der Probleme mehr eintritt.
Lest hier mehr zu Zahn- und Kieferproblemen und schreibt uns bei solchen Spezialfällen gerne an, wenn ihr noch weitere Tipps benötigt. Es gibt nur wenige Tierärzte, die Meerschweinchen mit Zahn- und Kieferproblemen wirklich so richtig gut behandeln können - wir würden schätzen (auch wenn wir nicht alle Tierärzte kennen), es gibt vielleicht nur eine handvoll Tierärzte in Deutschland, die Zahnerkrankungen richtig diagnostizieren und behandeln können… Manchmal muss man dazu mit den Meerschweinchen auch eine weitere Strecke fahren - im Zweifel lohnt sich das aber oder aber, man hat dann eine vertrauenswürdige Meinung und kann das Tier gehen lassen, weil man sich nun sicher sein kann, alles probiert zu haben und dass es keine Hoffnung mehr gibt.
Was kann man tun, wenn ein Meerschweinchen nicht fressen will/kann
Möchte ein Meerschweinchen nicht fressen, so ist es in der Regel sehr krank. Daher ist Diagnostik (Infos dazu hier) beim Tierarzt sehr wichtig, um herauszufinden, was los ist und um die ursächliche Erkrankung gezielt behandeln zu können. Kann die Erkrankung behandelt und die Schmerzen gelindert werden, so wird das Meerschweinchen auch zeitnah wieder beginnen, zu fressen.
Bis es dem Meerschweinchen besser geht oder man es für Diagnostik zum Tierarzt bringen kann, kann man allerdings mit ein paar Mitteln erste Hilfe leisten, wenn Meerschweinchen das Fressen einstellen.
-> Verlockende Leckereien
Bietet dem Meerschweinchen alles an, was es normal gerne frisst. Manchmal kann es dann doch nicht widerstehen. Vor allem Gräser, aromatische Küchenkräuter (Basilikum, Dill, Petersilie, Koriander etc.) Bambus und Sauergräser sind sehr beliebt und auch gesund. Meerschweinchen, die nicht fressen möchten, mögen manchmal auch gerne kurz in kaltem Wasser eingeweichtes und wieder mit einem Tuch etwas abgetrocknetes Heu. Auch Nadelhölzer und aromatische Saaten sind bei Krankheiten gut und manchmal verlockend, auch wenn Meerschweinchen nichts anderes fressen möchten.
Im Falle von Inappetenz ist kurzfristig auch „Schweinchen-Fastfood“ erlaubt, also Dinge, die ggf. nicht ganz so gesund sind wie Gemüse-Kringel, Erbsenflocken und eingeweichte (aber getreidefreie!) Pellets. Auch Lebensmittel, die man eher selten anbieten sollte, wie Melonen, kann man probieren. Sie stellen nun dem Meerschweinchen Flüssigkeit und Energie.
Manchmal findet sich dann doch auch noch ein Päppelbrei, dem das Meerschweinchen nicht widerstehen kann. Mehr Tipps zu empfehlenswerten Päppelbrei-Arten kann man hier nachlesen.
Dennoch hilft oft alle Mühe nichts und das Meerschweinchen ist zu krank, um etwas fressen zu wollen.
-> Schmerzmittel
Schmerzmittel (wie z.B. Metacam und/oder Novalgin) sollten immer gegeben werden, wenn ein Meerschweinchen nicht fressen mag, da es dann zu hoher Wahrscheinlichkeit auch starke Schmerzen hat. Meerschweinchen lassen sich dies nicht immer anmerken, aber dass sie nicht fressen ist dann schon ein massives Warnsignal und ein Symptom für Schmerzen.
Die Schmerzmittel für Meerschweinchen werden leider oft unterdosiert, so dass sie nicht richtig wirken. Zudem können sie kombiniert werden, um besser wirken zu können. Mehr zu diesem Thema und zu richtigen Dosierungen von Schmerzmitteln beim Meerschweinchen könnt ihr hier nachlesen.
-> Colosan und Simeticon
Colosan und Simeticon sind bei Aufgasungen sehr wichtig, ausführliche Infos zu diesen Mitteln gibt hier nachzulesen. Im Falle einer Erkrankung kann es immer zu Aufgasungen (mehr Infos hier) kommen und diese können auch unter Umständen dazu führen, dass das Meerschweinchen nichts fressen möchte. Da man Aufgasungen nicht immer tasten kann, sollte man einem nicht fressenden Meerschweinchen daher Colosan und Simeticon zur Sicherheit immer geben.
Colosan ist für uns das wichtigste Erste-Hilfe-Mittel bei einer Erkrankung von Magen oder Darm beim Meerschweinchen. Es kann wahre Wunder bewirken in solchen Fällen (wenn zeitgleich auch die Ursache der Aufgasung behandelt wird) und hat schon Meerschweinchenleben gerettet. Colosan ist eine Mischung aus ätherischen Ölen, die entschäumend wirken können und Magen und Darm in ihrer Heilung und Tätigkeit fördern können. Wir geben 0,4 ml Colosan pro kg alle 2-4 Std (häufiger im Notfall bei starken Aufgasungen oder Durchfällen) oder als Kur 1-2x täglich.
Simeticon geben wir nur welches aus Kapseln, z.B. aus Kapseln wie Lefax intens oder Magen-Darm-Entspannung von Klosterfrau. Alle anderen Präparate wie Sab simplex oder Dimeticon vom Tierarzt enthalten ungesunde Süssstoffe oder Zucker und wenig Wirkstoff, so dass man davon viel geben muss. Damit tut man den Meerschweinchen dann keinen Gefallen. Bei Aufgasungen geben wir den Inhalt von 1-2 Kapseln mit Simeticon alle 2-4 Stunden ggf. gleich zusammen in einer Spritze mit Colosan.
-> wenig Brei vor den Medikamenten
Man kann den Meerschweinchen nach den Medikamenten durchaus 2-3 ml gesunden, sehr flüssig angerührten Brei (z.B. Bio-Gerstengrasbrei) mit ein wenig Honig versetzt geben. Dies stellt den Meerschweinchen dann ein wenig Energie und die Medikamente gelangen so besser in den Magen. Dazu gibt man einer Messerspitze Honig auf 5-10 ml Brei. Dieser Brei hält sich einen Tag lang bei Raumtemperatur.
Darmheilende Tees wie Fenchel-Anis-Kümmel, Pfefferminze oder Kamillentee kann man (am besten in Bio-Qualität) auch für das Anrühren von Brei nutzen.
Möchte das Meerschweinchen den Brei selbst freiwillig fressen, so darf es davon so viel haben, wie es möchte. Es gibt Brei-Sorten, die beliebter sind als andere. Schaut für Tipps dazu hier.
Auch könnt ihr Vitamine in den Brei geben. Werden Meerschweinchen gesund gehalten und ernährt, so benötigen sie keinerlei Vitamine. Im Falle einer Krankheit jedoch kann es helfen, ihnen Vitamin C und Vitamin B zusätzlich zu geben. Infos dazu gibt es hier.
So ein paar ml flüssigen Brei können nicht wie die Zwangsfütterung von größeren Mengen Brei schaden. Und so erhält das Meerschweinchen auch zumindest ein wenig Flüssigkeit. Meerschweinchen können, wenn sie nicht fressen, leider schnell austrocknen. Daher können dann auch Infusionen Sinn machen.
-> Infusionen
Man kann dem Meerschweinchen, wenn es länger als 1-2 Tage nichts oder nur wenig fressen sollte, auch eine Infusion spritzen. Dabei werden dem Meerschweinchen 1-2x tgl ca. 20 ml Flüssigkeit unter die Haut seitlich am Rücken gespritzt.
Hier kann man eine Videoanleitung dazu sehen, die zwar beim Kaninchen gezeigt wird, aber beim Meerschweinchen ähnlich aussieht: https://youtu.be/oev4Qw2nGUY?si=bvHIjPaupgc1uOLj
Natürlich sollte man sein Meerschweinchen nur selbst spritzen, wenn man dies von einer Fachperson zuvor gezeigt bekommen und mit ihr geübt hat und sich damit sicher fühlt, um das Tier nicht zu verletzen oder zu quälen.
Da dies viele Halter selbst nicht können oder wollen, muss dazu ein Tierarzt aufgesucht werden. Diese zusätzliche Flüssigkeit kann unter anderem helfen, den Körper zu entgiften, so dass es den Meerschweinchen schneller wieder besser geht. Die Infusion kann nur aus Flüssigkeit bestehen (Kochsalzlösung), man kann aber auch eine Lösung mit Elektrolyten (z.B. Ringerlactat) spritzen.
-> Wärme
Wärme kann bei allen Erkrankungen sehr wichtig sein, in dem sie zu einer Entspannung der Muskulatur und verbesserten Durchblutung der Organe führt. Zudem kann Wärme den Körper im Kampf gegen Entzündungen sogar unterstützen.
Bei Meerschweinchen, die nicht fressen wollen, hilft die Wärme zudem, den Körper warm zu halten. Der Körper hat weniger Energie zur Verfügung, weil er im Moment keine Energie über die Nahrung erhält. Durch die Wärme kann er somit Energie sparen und auch den Kreislauf stabiler halten.
Da Wärme für die Meerschweinchen aber eventuell nicht immer angenehm ist und selten auch Entzündungen verstärken kann, sollte das Tier immer die Wahl haben, ob es die Wärme nutzen möchte oder nicht. Sie fühlen selbst am besten, ob die Wärme ihnen gut tut.
In den meisten Fällen mögen die Meerschweinchen Wärme aber sehr. Wir bevorzugen, Wärme in Form eines Rotlichts oder Dunkelstrahler anzubieten, da diese die Wärme auf den Rücken die obere Körperhälfte der Meerschweinchen strahlt, was dort die Muskeln und Organe positiv beeinflussen kann. Mehr Infos zu diesen Lampen könnt ihr hier lesen.
Man kann aber auch eine Wärmeflasche oder einen SnuggleSafe anbieten. Dies wärmt vor allem den Bauch des Tieres, was bei einer Aufgasung Vorteile und Nachteile haben kann.